Blattgrüne Raupen lassen sich gerne einmal ein bis zwei Drittel eines Rosenstockblütenstandes schmecken.

Illustration: Dennis Eriksson

Jetzt im Juni gibt es unglaublich viel zu tun: In erster Linie sollte man seine Zeit in einem gemütlichen Gartenmöbel vor seinen Rosen verbringen, möglichst unbewegt und von Ruhe durchdrungen. Von dort aus kann der Gartler dann seine Rosen bewundern. Und je mehr Zeit er sich dafür nimmt, desto höher fällt der Genuss aus. Beim Beobachten entwickelt der Gartler auch einen Blick für das Befinden der Rosen. Wer über viele Stunden und Tage hinweg seine Rosen kontemplativ beobachtet und stets musternd bewundert, erkennt früher als andere deren Bedürfnisse. So kann der Gartler auch früh etwaigem Ungemach entgegensteuern.

Droht der Wind einen ein wenig lang geratenen Trieb der heiligen Westerland abzubrechen? Schnell holt der Gartler eine helfende Stütze zur stützenden Hilfe herbei – und der Wind darf wieder kräftig die Rosen trockenlegen. Das hilft nämlich gegen etwaige Pilzkrankheiten.

Beim Beobachten fällt dem Gartler auch so mancher Schädling ins Auge. So lassen sich blattgrüne Raupen gerne einmal ein bis zwei Drittel eines Rosenstockblütenstandes schmecken. Sieht nicht gut aus, was dann davon überbleibt. Diese Raupen kann der Gartler frühzeitig abklauben und entsprechend seiner ethischen Möglichkeiten ver- beziehungsweise entsorgen. Nur entdecken muss er die Insekten halt rechtzeitig.

Ameisenalarm

Dasselbe gilt natürlich für den Dickmaulrüsselkäfer. Nur wer ihn entdeckt, kann auch mit ihm interagieren. Die Alternative sind durchlöcherte bis kahl gefressene Rosen. Der Rosenbeobachter kann sich aber auch den Spaß machen und die Ameisen auf der Rose in den Wahnsinn treiben. Er braucht dazu nur die Blattläuse mit einem dünnen Staberl von den Blattachsen der Rosen zu kratzen.

Das laute "Alarm!" der Ameisen hallt durch den gesamten Garten und dann herrscht eine herrlich hektische Unruhe im Koat. "Rose-Watching" ist ja das neueste große Ding unter den Gartenhipstern – und so kommt es auch, dass selbst die leisesten Mangelerscheinungen, wie zum Beispiel ermattendes Grün und verzögerter Wuchs, früh erkannt und durch eine Gabe reifen Komposts behandelt werden können. Rose-Watching führt aber auch zu Rose-Watering: Wer früh erkennt, dass demnächst ein wenig Wasser gut täte, kann seiner Rose zermürbenden Durst ersparen.

Das Ergebnis ausgiebiger Rosenbeobachtung führt letztendlich zu jenen Gartenpflanzen, vor denen jeder Passant einen Diener macht, nach dem Düngerpräparat fragt und für sich zusammenfasst, dass es an der begnadeten Lage an der nachmittagbesonnten Hausmauer liegen muss. Dass es am Gartler liegt, glaubt selten einer. (Gregor Fauma, RONDO, 24.6.2016)