Wer nach einem Leichenfund – wie hier auf der A4 bei Parndorf im vergangenen August – unter psychischen Belastungsstörungen leidet, soll dadurch keine finanziellen Nachteile erleiden.

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Wien – Der Ministerrat hat am Dienstag eine Dienstrechtsnovelle beschlossen, die Verbesserungen etwa für Polizisten bringt, die im Rahmen ihres Dienstes einer außergewöhnlichen psychischen Belastung ausgesetzt sind. Erleichtert wird der Zugang von behinderten Menschen zu einem Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst, Zeugen in Disziplinarverhandlungen bekommen mehr Rechte.

Leichenfund ist Dienstverhinderungsgrund

Die "akute psychische Belastungsreaktion" wird als Dienstverhinderungsgrund aufgenommen, damit ist eine Fortzahlung von Vergütungen und Pauschalen möglich, um die Bediensteten bei längeren Krankenständen aufgrund besonderer beruflicher Belastungssituationen abzusichern. "Das Auffinden verwester Leichen oder der Einsatz bei Brandkatastrophen kann schwere psychische Belastungen auslösen", und man nehme die Gesundheit "sehr ernst", erklärte Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ). Eine "akute psychische Belastungsreaktion" als Folge dienstlicher Ereignisse wird künftig einem Dienstunfall gleichgestellt. Als Beispiele für mögliche Auslöser einer akuten Belastungsreaktion werden in den Gesetzeserläuterungen etwa die 70 Flüchtlingsleichen in einem Kühlwagen auf der A4 oder das Seilbahnunglück in Kaprun genannt.

Weiters wird die Inklusion von Menschen mit Behinderung in Zukunft einfacher: Mit einer legistischen Konkretisierung sei nun sichergestellt, dass Menschen im öffentlichen Dienst arbeiten können, welche "die für die vorgesehene Verwendung erforderliche Handlungsfähigkeit" besitzen.

Auch Vertragsbedienstete werden Hofräte

Die Novelle sieht auch vor, Verwendungsbezeichnungen für Vertragsbedienstete zu schaffen, die den Amtstiteln der Beamten in gleicher Verwendung entsprechen. Derzeit ist die Führung von Verwendungsbezeichnungen für Vertragsbedienstete nur vereinzelt möglich. So gibt es etwa für Lehrer den "Professor" oder an den Universitäten den "Universitätsprofessor". Um die Gleichstellung mit den Beamten weiter voranzutreiben, sollen nun künftig auch deren Amtstitel von den Vertragsbediensteten im Allgemeinen Verwaltungsdienst und im Krankenpflegedienst sowie weitere Amtstitel für Lehrpersonen übernommen werden.

Die Verwendungsbezeichnung kann auch mit einem Kurzhinweis auf die Art der Aufgabenstellung geführt werden. So tritt etwa an die Stelle der Verwendungsbezeichnung "Hofrat" in der Parlamentsdirektion die Bezeichnung "Parlamentsrat" sowie an den übrigen Zentralstellen "Ministerialrat". Finanzielle Auswirkungen hat die Änderung nicht.

Außerdem kommt eine Teilzeitmöglichkeit für Richter, die nach einem längeren Krankenstand in Anspruch genommen werden kann.

Schärfere Disziplinarverfahren für Grapscher

Nachgeschärft wurde auch im Disziplinarrecht: So haben künftig Zeugen das Recht, in mündlichen Disziplinarverhandlungen durch Vertrauenspersonen unterstützt zu werden. Diese Regelung galt zuvor nur für Minderjährige. Praktisch wird dies laut Duzdars Büro insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn die sexuelle Sphäre oder ein sonstiger persönlicher Lebensbereich der Zeugin oder des Zeugen betroffen ist.

"Beim Fall des grapschenden WU-Professors, der jahrelang systematisch Studentinnen und Kolleginnen belästigt hat und mit einer Geldstrafe davongekommen ist, haben wir gravierende Mängel im Disziplinarrecht aufgezeigt. Die beschlossenen Nachschärfungen waren deshalb dringend notwendig und sind zu begrüßen", sagte Katrin Walch, Bundesvorsitzende des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ). Mit der Einführung der Verständigungspflicht zur Dienstbehörde soll der Informationsfluss bei Disziplinarverfahren verbessert werden. "Wir erhoffen uns dadurch, dass sich in Zukunft keine zuständige Stelle mehr damit herausreden kann, dass sie nicht informiert gewesen sei und von nichts gewusst habe", hofft Walch.

Zur Erinnerung: Im Fall des grapschenden WU-Professors ist der Rechtsmittelverzicht vonseiten der Wirtschaftsuniversität Wien und von Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner mit einem Alleingang des Disziplinaranwaltes erklärt worden. Eine Bescheidbeschwerde hätte den Fall vor den Verwaltungsgerichtshof gebracht. Dieser hätte vielleicht anders entschieden und den Professor entlassen. Auch das neu eingeführte Recht für Zeugen, Vertrauenspersonen mit zu mündlichen Disziplinarverhandlungen zu nehmen, ist für Walch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung: "Die Möglichkeit, eine Vertrauensperson mit zu der Verhandlung zu nehmen, ist insbesondere für Betroffene von sexuellen Übergriffen eine wichtige Errungenschaft." (APA, red 14.6.2016)