Im alten China begrüßte man den Kaiser durch dreimaliges Niederwerfen auf den Boden und Berühren des Bodens mit der Stirn. In der Türkei von Tayyip Erdogan kann der Kopf eines ausländischen Gesandten auch gleich rollen und muss sich nicht erst lange beugen; den Kotau vollführt die EU-Kommission aus der Ferne in Brüssel. Ihre willfährige Opferung des EU-Botschafters in Ankara ist als Akt der Erniedrigung einzuschätzen – ungeachtet der Motive, die Hansjörg Habers Vorgesetzte sonst noch haben mochte.

Es wird jetzt ein bisschen viel, so ist der Eindruck, den man nach drei Monaten Parforceritt des türkischen Staatschefs gegen Brüssel und Berlin gewinnt: Strafanzeige gegen einen deutschen TV-Satiriker, Dauereinbestellung des deutschen Botschafters in Ankara, rassistische Ausfälle gegen türkischstämmige deutsche Parlamentarier, die Drohung mit der Überflutung Europas mit Flüchtlingen aus der Türkei. Und jetzt der EU-Botschafter, der gehen muss, weil er eine scherzhaft gemeinte Bemerkung machte.

Dass mit Hansjörg Haber ein erfahrener deutscher Diplomat zum Einknicken gezwungen wurde, macht die Position der deutschen Kanzlerin in der Türkei- und Flüchtlingsfrage nicht eben stärker. Dabei ist für die Rettung des Flüchtlingswalls in der Türkei doch alles recht und billig – auch die Unterstützung der Allmachtsfantasien des Präsidenten in Ankara. (Markus Bernath, 14.6.2016)