Friedrich Zawrels Ex-Schule wird nach ihm benannt.

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Wien – Mit einer Feier wird es am Donnerstag offiziell: Die Neue Mittelschule in der Hörnesgasse in Wien-Landstraße – eine seit 130 Jahren bestehende pädagogische Institution – wird nach Friedrich Zawrel benannt, einem 2015 in Wien verstorbenen Überlebenden des Kinder-Euthanasie-Programms während der NS-Zeit in der Krankenanstalt Am Spiegelgrund am Wiener Steinhof. Er war Träger des Goldenen Verdienstzeichens der Stadt Wien sowie des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik.

Zawrels Aussagen in den 1970er- und 1980er-Jahren trugen entschieden zur Mordanklage gegen den Gerichtspsychiater Heinrich Gross bei. Dieser hatte Zawrel als Kind in der Nazizeit begutachtet – und 1975 erneut, als der inzwischen 46-Jährige als Einbrecher und Dieb vor ihm stand.

Kassiber brachte Fall Gross ins Rollen

Gross, ein langjähriges SPÖ-Mitglied, sprach sich dafür aus, Zawrel in ein Gefängnis für gefährliche Rückfalltäter einzuliefern. Mittels eines Kassibers schaffte es Zawrel 1978, sich an den "Kurier" zu wenden. Dessen Artikel über Gross' NS-Verbrechen brachten den Fall ins Rollen.

Als Kind hatte Zawrel selbst die Schule in der Hörnesgasse besucht. Das und der Wunsch, seine Rolle als NS-Aufdecker zu würdigen, lägen dem von der Bezirks-ÖVP initiierten Namensgebungsplan zugrunde, erläutert der Landstraßer Bezirksvorsteher-Stellvertreter Rudolf Zabrana (SPÖ). Nur habe sich die FPÖ im Bezirkskulturausschuss "von Anfang an gegen die Umbenennung in Friedrich-Zawrel-Schule gesträubt".

FPÖ zieht Bericht aus dem Jahr 1940 heran

Zawrel sei nach dem Krieg wegen Einbrüchen und Diebstählen zu insgesamt 17,5 Jahren Haft verurteilt worden und daher "als Namensgeber für eine öffentliche Pflichtschule jedenfalls völlig ungeeignet", meinte am Dienstag der Landstraßer FPÖ-Gemeinderat Dietrich Kops. Doch am Mittwoch schien man mit diesem Argument in der FPÖ keine wahre Freude mehr zu haben: Immerhin dürften Zawrels Vorstrafen 2002 vom damaligen Bundespräsidenten Thomas Klestil getilgt worden sein; der Akt darüber ist aber weder in der Präsidentschaftskanzlei noch im Staatsarchiv auffindbar.

Angesichts von Zawrels "unzweifelhaften Verdiensten" könne man die Urteile ausklammern, meint Anton Mahdalik, nichtamtsführender blauer Stadtrat in Wien, im STANDARD-Gespräch: "Aber es ist suboptimal, wenn man eine Schule nach jemandem benennt, der laut Lehreraussagen kein Interesse am Unterricht hatte." Das, so Mahdalik, sei "in Zawrels Wikipedia-Eintrag zu lesen". Dort wird der Bericht eines Klassenlehrers aus dem Jahr 1940 zitiert, der auch im Spiegelgrund-Gutachten gegen Zawrel verwendet wurde. (Irene Brickner, 16.6.2016)