Honig vom eigenen Bienenvolk? Wer innerstädtisch der Imkerei nachgehen will, bewegt sich oft in rechtlichen Graubereichen.

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Da schauten einige überrascht. Als Eugen Otto, Chef von Otto Immobilien, beim letzten Neujahrsempfang kleine Gläschen Honig als Giveaway verschenkte, lag das interessante Detail in der Herkunft. Das klebrige Gold kam direkt aus der Wiener Riemergasse. Erster Bezirk, Innenstadt, Firmensitz der Gruppe.

Bienen in der Stadt?

Ja, das geht. Und Wien eignet sich dafür sogar ganz hervorragend, wie Michael David Salomonowitz in seiner Masterthesis beschreibt. Logisch, dass es aber gar nicht so leicht ist, Bienen im urbanen Raum zu halten. Da prallen Tierschutz, Zuchtvorschriften, Wohnrecht, Haftung, Schadensersatz u. v. m. aufeinander. Mal ganz abgesehen von den herkömmlichen bienentechnischen Herausforderungen …

Mittels Faktoren wie Grünflächen, Flugradius, Bestäubungsmöglichkeit ermittelt Salomonowitz ein Potenzial von 1.684 Bienenstöcken für die Bezirke 1 bis 9. Und das sei nur eine vorsichtige Hochrechnung, denn die Datenbasis hierfür war eher alt, und aufgrund des politischen Willens, Wien als grüne Stadt zu erhalten bzw. auszubauen, glaubt Salomonowitz sogar an 1.854 Bienenstöcke in dem Gebiet. Das würde durchschnittlich zehn Gebäuden pro Stock entsprechen und bei räumlicher und baulicher Eignung von (Dach-)Flächen würden nur sehr wenige Argumente gegen die Haltung von Bienen sprechen.

Bienenzuchtgesetz und Flächenwidmung

Aber wo darf man denn nun ein Bienenhotel aufmachen? Einerseits ist das durch das Wiener Bienenzuchtgesetz geregelt (siehe "Wissen" unten), andererseits durch die Flächenwidmung. Sie sieht hierfür eigentlich nur speziell gewidmete Bereiche vor (wie ländliches Gebiet, Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel etc.), sofern die Bienenhaltung aber nicht als richtige Landwirtschaft, sondern als Hobby betrieben werde, befände man sich im rechtlichen Graubereich, heißt es in der Arbeit.

Und das ist auch gleich die schlechte Nachricht für alle, die jetzt schon ein Geschäftsmodell in ihr Excel tippen. Stadthonig wird zwar etwas teurer als ländlicher verkauft, 10 bis 12 Euro pro Kilo muss man für ihn hinlegen. "Um kostendeckend zu arbeiten, wäre ein Verkaufspreis zwischen 16 und 20 Euro pro Kilo anzusetzen. Die Gewinnabsicht dürfte bei einigen wenigen Stöcken auf dem Hausdach aber sowieso nicht gegeben sein. Unter 300 Stöcken sei Erwerbsimkerei nur schwer umzusetzen", schreibt der Autor.

Dennoch, Honig aus der Stadt schmeckt. Aber ist er überhaupt gesund? Ganz und gar, Wiener Honig gilt als hervorragend. "Unserer Ansicht nach das Beste, was Sie derzeit kriegen können", wird Bienenzüchter und Schulungsleiter des Landesverbandes für Bienenzucht Wien, Josef Meier, zitiert. Ein Grund dafür ist die geringe Pestizidbelastung, da in der Stadt – anders als in der Landwirtschaft – kaum großflächig Gift gespritzt wird.

Kernfrage: Ortsüblichkeit

Wohnrechtlich gesehen, muss man sich als Neo-Urban-Imker noch mit einigen Unklarheiten zufriedengeben, schreibt Salomonowitz: "Die wohnrechtliche Situation ist jedoch in wesentlichen Punkten unklar, die höchstrichterliche Judikatur (noch) unbefriedigend. Vor allem in Bezug auf die Ortsüblichkeit des Bienenflugs sind verschiedenartige Verfahrensausgänge zu erwarten. Es wird immer die konkrete örtliche Situation sehr großes Gewicht bei der Urteilsfindung haben. Da die Anzahl der Bienenstöcke in der Stadt kontinuierlich im Steigen ist, kann langfristig von einer Tendenz in Richtung bejahender Ortsüblichkeit ausgegangen werden. Sofern bereits im Vorfeld Konsens mit unmittelbaren Nachbarn hergestellt wurde, sind keine weiteren rechtlichen Probleme zu erwarten. Aber auch wenn kein Konsens gefunden wurde, ist es nicht als gesichert anzusehen, dass die Bienenstöcke widerrechtlich aufgestellt werden. Je ortsüblicher der Bienenflug ist, desto weniger wird dann auch die Zustimmung des Grund- bzw. der Miteigentümer notwendig sein und desto geringer die Chancen eines Begehrens auf Unterlassung."

Kompliziert macht das Ganze dann natürlich auch, dass man etwa den Bienenflug nicht vorhersagen kann, kommen doch ständig neue Völker dazu, und die gelb-schwarzen Hautflügler ändern ihre Routen.

Kein Grund für Mietzinsminderung

Auch das Mietrecht ist nicht unwichtig, wenn es darum geht, eine Honig-Farm aufzustellen. Die Zustimmung des Eigentümers ist definitiv notwendig, andere Mieter müssen hingegen nicht gefragt werden, können aber Unterlassung begehren.

Bleibt die Frage, ob bei der Ansiedlung einer Kolonie auf einer simplen Terrasse nicht Gefahr für andere Mieter besteht – wohl eher schon. Einen Grund zur Mietzinsminderung stellen sie allerdings nicht dar. Nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Terrassen-Imker jetzt nur einem Hobby nachgeht und das Aufstellen eines Bienenstocks zum Beispiel auf dem Balkon in den üblichen Umfang des Benützungsrechts eines Mietvertrags fällt. Immobilienbesitzer, die jedenfalls Bienenhaltung ausschließen wollen, könnten einen entsprechenden Punkt in die Hausordnung aufnehmen.

WEG: Unsicheres Terrain

Und wie sieht das Ganze im Wohnungseigentum aus? "Möchte nun ein Wohnungseigentümer auf seiner Terrasse oder seinem Balkon Bienenstöcke aufstellen, so ist es ebenfalls nicht eindeutig, ob die Zustimmung von (in diesem Fall) allen Miteigentümern erforderlich ist. Argumente für die Erforderlichkeit wären zum einen, dass alle Miteigentümer gemeinsam Grundeigentümer sind und die Zustimmung der Grundeigentümer vorzuliegen hat, zum anderen, dass eine Dachterrasse wie auch Balkone, Fassaden und Fenster zur Außenhaut des Gebäudes gehört. Des Weiteren könnte auch eine nicht widmungsgemäße Nutzung der Terrasse und somit die Notwendigkeit einer Genehmigung gesehen werden. Es sind bis dato zu dieser Thematik jedoch noch keine einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen ergangen."

Michael David Salomonowitz hat mit dem Thema nicht nur ein sehr aktuelles getroffen, sondern auch eines, das noch wenig bearbeitet wurde – das zeigt der Mangel an Literatur und die Unsicherheit in den Rechtsbereichen, die er allerdings in seiner Arbeit deutlich differenzierter aufzeigt, als es hier in diesem Artikel zusammengefasst ist. Außerdem musste sich Salomonowitz mit Themen wie Tierfang (also vereinfacht gesagt: Wann darf man Bienen/ein Bienenvolk fangen und behalten), Seuchen, Haftungen, Versicherungen und Räuberei (wenn ein Bienenvolk dem anderen was klaut) auseinandersetzen. Es entstand schließlich ein leicht zu lesendes Werk, das aufzeigt, wie weit Immobilienthemen reichen. (Heimo Rollett, 19.6.2016; der Artikel wurde auch im Magazin "Immobilienwirtschaft" veröffentlicht)