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In so manchem Bürohaus wird im Sommer nicht nur draußen geschwitzt, sondern auch drinnen. Gute Planung kann das verhindern.

Foto: AP Photo/dpa/Markus Tischler

Die Temperatur im Büro ist ein heißes Thema, wie eine User-Diskussion auf derStandard.at vergangene Woche zeigte: Die einen ärgern sich über die Klimaanlage, die anderen über subtropische Temperaturen im Büro schon in der Früh.

Dabei wird zumindest den Wiener Bürogebäuden, was ihre Hitzetauglichkeit angeht, eigentlich kein so schlechtes Zeugnis ausgestellt: "Die Bausubstanz von modernen Bürogebäuden kann durch vorhandene Klimatechnik die immer höheren Temperaturspitzen gut austarieren", ist der Architekt Thomas Hayde von HD Architekten überzeugt. Sollten die Temperaturen über längere Zeiträume jedoch weiter steigen, dann müsse man "bauphysikalisch nachdenken".

Betriebskosten und Behaglichkeit

"Energetisches Bauen spielt mittlerweile eine große Rolle – einerseits um die Betriebskosten zu senken, andererseits um die Behaglichkeit zu steigern", sagt auch Egon Türmer vom Architekturbüro Holzbauer & Partner, das den Smart Campus, den neuen Unternehmenssitz der Wiener Netze, geplant hat.

Wesentlich sei, den Energieeintrag von außen zu reduzieren – etwa durch Sonnenschutz und leistungsfähige Fenster- bzw. Fassadenkonstruktionen. Am Smart Campus kommen mehrteilige Fenster zum Einsatz, durch deren oberen Bereich immer ein bisschen Licht eintritt, um den Einsatz von künstlichem Licht zu minimieren.

Sechs Grad Unterschied

Ohne Kühlung lässt sich ein Gebäude spätestens seit dem letzten Sommer nicht mehr vermieten, berichten Makler. Als Faustregel, damit das Raumklima nicht zum gesundheitsgefährdenden Kühlschrank wird, gilt: Um mehr als sechs Grad sollte sich die Innen- nicht von der Außentemperatur unterscheiden.

Das dürfte angesichts der sommerlichen Temperaturentwicklung immer schwieriger werden – und mitunter zur Belastung für die Nutzer. Türmer spricht auch von psychologischen Faktoren, die beim Raumklima eine Rolle spielen: "In manchen Gebäuden fühlen sich die Menschen eingesperrt, oder sie glauben, dass die Luftqualität schlecht ist." In einem Bürogebäude hat er dann einmal eine Messung der Luftqualität durchführen lassen: "Es kam heraus, dass die Luftqualität drinnen besser war als draußen."

Keine Kühlung nötig

Was helfen könnte: den Menschen Verantwortung zu geben. Im Smart Campus wird es Displays geben, die auf das richtige Nutzerverhalten hinweisen – etwa wenn die Fenster geöffnet werden sollen.

Wolfgang Streicher von der Universität Innsbruck wiederum vertritt bezüglich Haustechnik einen nicht unumstrittenen Ansatz: "Richtig gebaute Büro- gebäude kommen heute ohne Kühlung aus", sagt der Experte für Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme und energieeffiziente Gebäude. Als positives Beispiel nennt er seine eigene Arbeitsstätte, das siebenstöckige Bürogebäude der Universität Innsbruck in der Technikerstraße 13: "38,5 Grad draußen im Sommer 2015 waren bei uns selbst ohne aktive Kühlung kein Problem", sagt er.

Denn in Innsbruck könne gut mit Nachtkühlung gearbeitet werden. Und passive Maßnahmen am Gebäude würden ein Kühlsystem obsolet machen. "Auch in Wien, wo es nachts im Sommer nicht stark auskühlt, kann der Kühlbedarf stark reduziert werden, wenn ein Gebäude optimal geplant wurde", sagt Streicher.

Lüften in der Nacht

Etwa indem das Objekt für optimale klimatische Bedingungen nach Nord/Süd ausgerichtet wird. Auch die richtige Fenstergröße sei entscheidend: Diese sollten laut Streicher nur so groß sein, wie es für die Belichtung notwendig ist, um Überhitzung im Sommer und Wärmeverluste im Winter zu minimieren. Speichermassen, etwa aus Beton, nehmen untertags die Wärme auf und müssen über Nacht durch einfaches Lüften auskühlen. Daher sei es nötig, Fenster und Verschattung so zu planen, dass Regen und Einbrecher nicht ins Gebäude kommen.

Wenn trotzdem gekühlt werden muss, ist eine Betonkernaktivierung eine Option, mit der ein Gebäude im Winter geheizt und im Sommer gekühlt werden kann. So wird laut Streicher verhindert, dass über Luftkühlung an einzelnen Stellen eiskalte Zuluft ins Gebäude geblasen wird. Im Allgemeinen gelte: "Jedes Grad, das man im Sommer im Gebäude weniger haben will, macht die Kälteanlage größer, folglich auch Investitionen und Betrieb teurer."

Tipps gegen Hitze

Der Experte fordert daher, die Architekturausbildung um die Wissensvermittlung im Bereich Kühl- und Heizsysteme auszuweiten. "Der Architekt legt in seinem ersten Entwurf 40 Prozent der Betriebskosten fest, die meisten Planer wissen das gar nicht."

Jenen, die im Büro schwitzen, helfen vielleicht die Tipps der derStandard.at-User eher: "Viel trinken und die Unterarme in kühles Wasser tauchen", lautet einer. Auch zu einem früheren Arbeitsbeginn wird geraten. Barfußgehen soll ebenso Linderung verschaffen wie ein Tischventilator, leichte Kleidung – oder die Hose hinter dem Bürotisch gleich ganz wegzulassen. Wenn nichts mehr geht, hilft vielleicht Heimarbeit: entweder im "heimelig-schattigen Fliederwald", wie ein User rät, oder in der abgedunkelten Wohnung. (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 25.6.2016)