Langes Warten im Zwischenraum: der bemerkenswerte syrische Film "Coma".

Foto: Viennale

Das Koma ist ein Zustand. Es bedeutet tiefer Schlaf. Wer sich im Koma befindet, ist hier und doch woanders. Der Körper bleibt, doch der Geist hat das Bewusstsein verloren. Bedeutet das aber auch, dass man nichts mehr spüren, erfahren, erleben kann?

Drei Frauen leben in einer Wohnung in Damaskus. Die Zimmer sind meist mit Vorhängen verdunkelt, mitunter brechen Sonnenstrahlen auf den Boden. Man weiß, dass es draußen auf den Straßen heiß ist und laut. Und gefährlich. Die Wohnung ist ein geschützter Bereich und doch angreifbar. Auch sie befindet sich in einem Zustand des dämmrigen Dazwischen, so wie die Frauen. Sie ist nie wirklich hell, doch auch nie wirklich dunkel. Die einzelnen Räume bilden eine Einheit, und doch sind sie zugleich voneinander getrennt. Diese Wohnung, wohl im Zentrum der Stadt, macht schläfrig und nervös zugleich. Ein gewaltiger Ausnahmezustand.

Die syrische Filmemacherin Sara Fattahi hat in Coma ihre Mutter und ihre Großmutter im Jahr 2014 gefilmt, wie sie in einem Zustand der Hoffnungslosigkeit noch an die Hoffnung glauben, weil sie wissen, dass es eine solche angeblich immer gibt. Oder sich an sie erinnern können. Fattahi selbst ist nicht zu sehen, doch ihre Anwesenheit ist immer spürbar: Mit ihrer Videokamera, deren Aufzeichnung mitunter abrupt endet, stellt sie eine unmittelbare Nähe zu den beiden Frauen her, deren Lebensgeschichten sich erst langsam offenbaren. Verschwundene und tote Männer, die nichts zurückgelassen haben außer Erinnerungen.

Coma erinnert mitunter an Arbeiten von Chantal Akerman, ist aber dennoch ein ganz eigenständiger Film: hart und direkt, doch zugleich sanft, leise und würdevoll. (Michael Pekler, 25.6.2016)