Der indische Film "7 Göttinnen" versucht Diskussionen über Gleichberechtigung, Missbrauch und Gewalt aufzugreifen – manchmal zu thesenhaft.

Foto: Thimfilm

Mehr als drei Jahre ist es her, dass eine indische Studentin nach einer Gruppenvergewaltigung in Delhi gestorben ist. Die Tat zog Massenproteste und weltweites Aufsehen nach sich, jetzt ist das Thema auch filmisch verarbeitet worden. Dabei fängt "7 Göttinnen" des indischen Regisseurs Pan Nalin ganz harmlos an: Die Fotografin Freida (Sarah-Jane Dias) lädt ihre besten Freundinnen nach Goa ein. Sie überrascht sie mit der Ankündigung, heiraten zu wollen. Ein weibliches Buddy-Movie bahnt sich an, so könnte man meinen, eine indische Antwort auf "Brautalarm". Aber nein, es kommt anders.

Von der Realität eingeholt

Obwohl alle Ingredienzien vorhanden sind – traumhafte Location, Musik, Strand, Meer –, entwickelt sich die Geschichte weg von der Komödie, hin zum Sittenbild über den Subkontinent. Die Freundinnen könnten unterschiedlicher nicht sein: Suranjana ist die toughe Geschäftsfrau, gleichzeitig aber die einzige Mutter im Film. Joana eine Schauspielerin mit britischen Wurzeln, die am Machismo der Bollywoodproduktionen verzweifelt. Mad ist eine scheinbar erfolgreiche Musikerin, die aber bereits mehrere Selbstmordversuche hinter sich hat. Nargis ist eine kämpferische Umweltaktivistin, Pam die ehemals beste Studentin, inzwischen verheiratet und Hausfrau.

Als Studentinnen, so meinten sie, stand ihnen die Welt offen. Inzwischen hat sie die Realität eingeholt: Nicht der oder die Einzelne zählt in Indien, sondern die Familie, an der Status, Ehre und oft sogar das Überleben hängen. Freidas Vater weigert sich, sie an den Altar zu führen. Im Film ein Randproblem: Suranjana soll seine Rolle einnehmen. In der indischen Realität eine Katastrophe, die sich nicht so einfach beheben lässt. Fünf "weltgeschichtliche Zeitzonen" vereint Indien, so schreibt die Religionswissenschafterin Katharina Kakar in ihrem Buch "Frauen in Indien": jene der UreinwohnerInnen, das agrarwirtschaftliche Indien, Kleinst- und Kleinstädte mit lokalen Eliten, die aufstrebende Mittelschicht und eine globalisierte Elite, die sich die Welt ins Haus holt und reisen kann. Die Figuren im Film gehören sicherlich zu Letzterer. Trotzdem bleiben sie – mehr oder weniger – in ihren Geschlechterrollen gefangen.

Kali in uns wecken

Einzig Freidas Hausmädchen Laxmi, die siebente im Bunde, gehört zu einer anderen Welt. Dass sie als Dienerin mit den Freundinnen mitfeiern darf, ist in einem Land, in dem Diskriminierung aufgrund der Kaste seit 1948 verboten ist, aber immer noch an der Tagesordnung steht, schlicht nicht glaubhaft. Das führt auch zu einer der Schwächen des Films: Die Diskussionen der Frauen über Gleichberechtigung, Missbrauch und Gewalt – alle 20 Minuten wird in Indien eine Frau vergewaltigt – sind schlicht zu thesenhaft vorgetragen. Schön hingegen ein Coming-out ohne Worte.

Schließlich nehmen die Frauen ihr Recht selbst in die Hand. Kali, die mächtige Zerstörerin, aber auch Symbol der Erneuerung, steckt in jeder von uns, so die Message. Das ist gut gemeint, aber nicht in allen Details gut gemacht. Das schöne Filmzitat am Ende versöhnt mit allzu platten Elementen. (Tanja Paar, 29.6.2016)