Visualisierung des geplanten Neubaus in der Rathausstraße 1.

Visualisierung: Schuberth & Schuberth/Stadler Prenn/Ostertag

Wien – Das alte Rechenzentrum der Stadt Wien in der Rathausstraße 1 soll einem Büroneubau weichen. Entwickler WSE (Wiener Standortentwicklung GmbH) wird diesen nun aber nicht selbst errichten, sondern will das seit kurzem baugenehmigte Projekt an einen Investor verkaufen. Das Verkaufsverfahren startet am Freitag, erfuhr der STANDARD, und soll bis Jahresende abgeschlossen werden.

Baubescheid seit Mitte Juni

"Wir haben seit Mitte Juni einen rechtsgültigen Baubescheid auf Basis des internationalen Architekturwettbewerbs vorliegen. Damit können wir jetzt konkret mit der Verwertung des Projektes beginnen", erklärt WSE-Geschäftsführer Stephan Barasits. Die Pläne sehen den Neubau eines Büro- und Geschäftshauses mit einer Bruttogeschoßfläche von rund 12.000 Quadratmetern vor.

Der oft kritisierte Abbruch des von Harry Glück geplanten Bürohauses ist ebenfalls genehmigt, wird dann aber vom neuen Projektentwickler durchzuführen sein, heißt es vonseiten der WSE. Diese bemüht sich seit geraumer Zeit um Mieter für den Büroneubau. Der Abbruch verschob sich zuletzt immer weiter nach hinten, auch deshalb, weil das Parlament den Neubau als Ausweichquartier während der Zeit des Parlamentsumbaus doch nicht in Erwägung zog.

EHL auf Investorensuche

In früheren Medienberichten hieß es, das Projekt sei ohne eine Quadratmetermiete von mindestens 25 Euro nicht wirtschaftlich. Vonseiten des Vertriebspartners EHL hieß es dagegen vor einem Jahr zum STANDARD, das sei mit dieser "extrem effizient geplanten" Immobilie durchaus machbar. Nun ist EHL Partner bei der Suche nach Investoren. Man nehme hier "ein verstärktes Interesse" wahr, so Barasits.

Da es sich um ein Baurecht handelt, werde die Stadt Wien auch künftig Eigentümerin der Liegenschaft bleiben, so der WSE-Geschäftsführer. "Verkauft würde im Falle eines Zuschlags an einen Interessenten entweder das Baurecht oder die zur WSE gehörende Projektgesellschaft, die das Baurecht innehat", sagt Sigrid Oblak, Geschäftsführerin der Wien Holding. Von dieser ist die WSE eine 100-prozentige Tochter.

Erbaut 1980

Das Bürohaus war als Rechenzentrum der Stadt Wien errichtet und 1980 eröffnet worden. Das Rechenzentrum zog 2012 aus. Der Abriss wurde beschlossen, ein rund 40 Millionen Euro teures Nachfolgeprojekt aus 145 Einreichungen bei einem zweistufigen, EU-weiten Architekturwettbewerb ausgewählt.

Anrainer befürchteten dann aber, die Sichtachse Richtung Innere Stadt und damit der Ausblick auf den Stephansdom könnte beeinträchtigt werden, und sammelten mit politischer Unterstützung aus der schwarzen Josefstadt Unterschriften. Der Protest war erfolgreich, der Siegerentwurf wurde überarbeitet, um den Steffl-Blick auch weiterhin zu gewährleisten.

Empörung im Bezirk

Vonseiten des Bezirks ist man über die Verkaufs-Pläne nicht erfreut: "Ich bin wirklich empört wie planlos und unverantwortlich mit einer wichtigen Liegenschaft der Stadt Wien umgegangen wird," so Bezirksvorsteherin Veronika Mickel-Göttfert in einer Aussendung am Freitag.

"Nun ist eingetreten, was ich immer befürchtet habe. Man entledigt sich der Verantwortung für dieses Gebäude und vergibt die Chance eine zentralgelegene Immobilie im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen", heißt es weiter. Mickel-Göttfert fordert daher "zurück an den Start und eine Neubehandlung durch den Gemeinderat". (mapu, 30.6.2016)