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Designerprodukte für jede Brieftasche: Mit diesem Versprechen hat Michael Kors ein milliardenschweres Unternehmen aufgebaut.

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Mode, Uhren, Parfums – den größten Teil seines Umsatzes macht Michael Kors aber mit Lederwaren.

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Im Marketingsprech wird Kunden, die zu einer Handtasche von Michael Kors greifen, das Label "aspirational consumer" auf die Stirn geklebt. Damit ist in etwa Folgendes gemeint: Für die It-Bag von Prada oder Louis Vuitton fehlt das Geld, auf den Glamour einer Designerhandtasche möchte man aber nicht verzichten. Vor allem, wenn an ihnen in hübschen goldenen Lettern der Schriftzug oder die Initialen eines Designers prangen, der gemeinsam mit Heidi Klum angehenden Models das Leben einer Naomi Campbell in Aussicht stellt.

"Project Runway" heißt das amerikanische Reality-TV-Format, in dem Michael Kors zehn Saisonen lang Werbung für sich und seine Mode machen durfte – bis auch wirklich jeder seinen Namen kannte. Der unglaubliche Aufstieg des New Yorker Designers hat aber vor allem damit zu tun, was er aus seiner Bekanntheit machte.

Wie wenige sonst erkannte er die riesige Lücke, die sich durch die aberwitzigen Preissteigerungen der High-Fashion-Brands aufgetan hat. Während diese ihre Preise in den vergangenen Jahren immer weiter nach oben schraubten, steuerte Kors dagegen. Die Selma Bag – einer von Kors' Verkaufsschlagern –, die nicht von ungefähr an eine berühmte Celine-Tasche erinnert (diese kostet ab 1500 Euro), ist bereits ab 250 Euro zu bekommen.

Er stehe für demokratischen Luxus, wird denn Michael Kors nicht müde zu behaupten. Das zahlt sich aus: Für knapp 40 Prozent der weiblichen Teenager in den USA ist Michael Kors die bevorzugte Handtaschenmarke, fand eine Analyse der US-Investmentbank Piper Jaffray im vergangenen Jahr heraus.

Die Geschäftszahlen spiegeln diese Popularität wider: Machte die Marke bei ihrem Börsengang vor fünf Jahren noch einen Umsatz von 800 Millionen Dollar, beläuft sich dieser mittlerweile auf beinahe fünf Milliarden. Möglich machten dies ein äußerst aggressiver Expansionskurs, die Ausweitung der Produktkategorien und die Eröffnung immer neuer Geschäfte (vergangenen Herbst etwa auch am Wiener Kohlmarkt). Zuletzt ist der Höhenflug aber ins Stocken geraten. Der Markt sei übersättigt, konstatieren Beobachter. Das, was die Marke in der Vergangenheit begehrenswert gemacht hat, ist mittlerweile ihr Problem.

Beispiel Hilfiger

Schon wird das Beispiel Tommy Hilfiger an die Wand gemalt: Als der amerikanische Logo-Weltmeister in den 1990ern plötzlich zur bevorzugten Marke der Ghettokids wurde, war dies der Anfang vom Ende. Das Label verlor seine Coolness, die Marke ging bankrott. Statussymbole sind nur dann welche, wenn sie sich nicht jeder leisten kann. Oder ihr Vertrieb verknappt wird. Genau das ist aber bei Michael Kors nicht der Fall.

Im Gegenteil: Selbst hierzulande sind die Produkte der Marke in jeder Einkaufsstraße zu sehen, gleichermaßen bei Jung und Alt, genauso in der Stadt wie auf dem Land. Das Versprechen von Exklusivität, oder um eines der Lieblingsworte von Michael Kors zu bemühen, das Versprechen, zum Jetset zu gehören, wird damit ad absurdum geführt. Dazu passt die ungeheure Aktivität der Marke auf diversen Social- Media-Kanälen. War man vor Jahren noch einer der Pioniere in der direkten Online-Kommunikation mit dem Kunden, scheint auch hier der Sättigungsgrad erreicht. Hypes vergehen genauso schnell, wie sie kommen, das ist im Bereich der Mode nicht viel anders als bei Accessoires.

Vor allem Handtaschen sind eine der profitabelsten Produktkategorien, mit stabilen Profitmargen von über 70 Prozent. Auf ihnen hat Michael Kors sein Geschäftsmodell aufgebaut, seitdem die großen Taschenmodelle aber von kleineren Umhängetaschen abgelöst wurden und immer mehr Frauen dem marketingtechnisch ausgeschlachteten Phänomen It-Bag skeptisch gegenüberstehen, müssen auch in diesem Bereich neue Kunden gefunden werden.

Sie hofft Michael Kors unter Männern zu finden. "Der Männermodebereich ist unser nächster großer Wachstumsmarkt", erklärte CEO John Idol erst vor wenigen Tagen. Der Anlass war die Bekanntgabe eines großen Sponsoringdeals des McLaren-Honda-Formel-1-Teams.

Am Männermodemarkt ist Michael Kors noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, doch auch hier legt man sich die Latte hoch. Eine Milliarde Dollar will man an Umsätzen generieren. Neben den Männerhandtaschen wird man sich dafür noch einige andere Produktkategorien überlegen müssen. (Stephan Hilpold, RONDO, 11.7.2016)