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Wenn die Ehe nicht so glücklich verläuft, können Niederländer sich mit Hilfe eines Algorithmus scheiden lassen

Foto: AP/Favila

Wenn zwei Menschen miteinander Geschäfte abschließen, kann es krachen: Der eine zahlt zu spät oder zu wenig, der andere liefert eine mangelhafte Ware und so weiter. Besonders heikel kann es werden, wenn Privatpersonen miteinander handeln. Das passiert millionenfach auf Ebay, dem größten Onlineportal für Auktionen. Deshalb arbeitet Ebay seit seiner Markteinführung 1995 daran, einfache Möglichkeiten zur Streitschlichtung zu schaffen. Mittlerweile gilt das von Ebay ausgetüftelte Verfahren als Paradebeispiel für die Schaffung einvernehmlicher Lösungen – und wird mittlerweile von Behörden weltweit propagiert.

Scheidung per Algorithmus

So nutzt die Niederlande seit dem Jahr 2007 ein Tool namens "Rechtwijzer", das bei Scheidungen helfen soll. Trennungswillige Paare können es für 100 Euro benutzen, ihnen werden anschließend eine Reihe von Fragebögen vorgelegt. Dabei geht es um den Einkommensstatus der Partner, deren Alter, Bildungsstand und natürlich um gemeinsame Kinder. Nachdem beide Beteiligte ihre Antworten eingegeben haben, errechnet ein Algorithmus die optimale Lösung, die gleichermaßen fair für beide ist. Das funktioniert: Nur in fünf Prozent aller Fälle, die "Rechtwijzer" in Anspruch nahmen, muss anschließend noch ein menschlicher Richter angerufen werden.

Anwälte freispielen

Das helfe beispielsweise Menschen, die sich keinen Anwalt leisten können, schreibt Bloomberg Businessweek. Gleichzeitig können sich Anwälte auf komplexere Fälle konzentrieren, bei der ihre Expertise tatsächlich benötigt werde. Womöglich können derartige Streitschlichtungs-Tools im Onlinebereich künftig auch in anderen Feldern zum Einsatz kommen, etwa bei Nachbarschaftsstreits. Colin Rule, der von 2004 bis 2011 die Ebay-Abteilung für Rechtsstreitigkeiten unter Nutzern geleitet hat, will mit einer neuen Firma nun Lösungen für Behörden entwickeln.

"Roboter" kommen in der Anwaltsbranche nun verstärkt zum Einsatz. Künstliche Intelligenz kann menschliche Anwälte vor allem bei Recherchearbeiten unterstützen. Eine tatsächliche Übernahme der Branche liegt allerdings noch in weiter Ferne – noch brauchen die Systeme "ständige Supervision", wie Alexander Gendlin, Unternehmensberater für die Rechtsbranche, dem STANDARD vor wenigen Wochen erklärte. (fsc, 6.7.2016)