Maria Grazia Chiuri, hier gemeinsam mit Pier Paolo Piccoli nach der Präsentation ihrer letzten gemeinsamen Couture-Show für Valentino.

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In der Vergangenheit trat sie immer im Doppelpack auf. Gemeinsam mit dem Designer Pierpaolo Piccioli verantwortete Maria Grazia Chiuri in den letzten sieben Jahren die Designagenden von Valentino. Zuvor arbeiteten die beiden bereits Seite an Seite in der Accessoire-Abteilung des römischen Modehauses, nachdem sie jahrelang bei Fendi Schuhe und Taschen designt hatten.

Ein mehr als erfolgsverwöhntes Duo: Bei Fendi entwarfen Chiuri und Piccioli einige der erfolgreichsten It-Bags der vergangenen Jahrzehnte, darunter die berühmte Baguette. Bei Valentino schufen sie die mit eckigen Nieten besetzten Schuhe und Taschen der Rockstud-Kollektion, die unendlich oft kopiert wurden. Vor allem aber zeigten sie einige der schönsten, weil gleichermaßen modernen wie romantischen Modekollektionen der vergangenen Jahre.

Erste Frau an Spitze von Dior

Damit ist jetzt Schluss. Die am Mittwochabend in Paris gezeigte Haute Couture-Kollektion der beiden wird ihre letzte gewesen sein. Piccioli wird in Zukunft die Designagenden bei Valentino alleine verantworten, während Chiuri jene von Dior übernehmen wird. Damit steht erstmals in der beinahe 70 Jahre umfassenden Geschichte eine Frau an der Spitze des berühmten Pariser Modehauses, das zum Luxuskonglomerat LVMH des Bernard Arnault gehört.

Dort hatte man sich nach dem überraschenden Abgang von Raf Simons im vergangenen Herbst viel Zeit für die Nachfolgeregelung gelassen. Aus verständlichen Gründen: Mit einem Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro gehört Dior sowohl finanziell als auch symbolisch zu den Aushängeschildern des Konzerns. In Zeiten eines schwieriger werdenden Geschäftsumfelds war ein ebenso verantwortungsbewusster wie innovativer Modemacher gefragt.

Praktischer Zugang zu Mode

Mit Chiuri stehen die Chancen gut, einen solchen gefunden zu haben. Als "eine sehr direkte Person" bezeichnete sie Dior-CEO Sidney Toledano. Die geborene Römerin und zweifache Mutter ist für ihren praktischen Zugang zur Mode bekannt – ohne dabei zu vergessen, was deren Reiz ausmacht: Bei Valentino beeindruckten ihre Entwürfe genauso sehr durch ihre beinahe sakrale Sinnlich- wie Meisterfertigkeit. Chiuri stammt noch aus jener Generation von Designern, die das Handwerk von der Schule auf gelernt haben. Gleichzeitig ist sie für ihren unverkrampften Umgang mit den in der Mode so wichtigen neuen Medien bekannt. Beides wird sie in Zukunft gut gebrauchen können. (Stephan Hilpold, 8.7.2016)