Selfie vor 500 Jahren. Paul Dax' Selbstbildnis (1530) in der Austellung "Nur Gesichter? Porträts der Renaissance".

Foto: Tiroler Landesmuseum

Was gegenwärtig dank Selfiestange, Facebook und Instagram zu massentauglichem Ramsch verkommt, war jahrhundertelang den Reichen und Mächtigen vorbehalten. Ein Porträt – und damit die Inszenierung – seiner selbst. Was heute in Sekundenbruchteilen geschossen wird, war vor 500 Jahren eine aufwendige Prozedur, mit der nur die besten Künstler betraut wurden.

Die Ausstellung im Innsbrucker Ferdinandeum Nur Gesichter? Porträts der Renaissance widmet sich dieser Bildgattung, die zunehmend Bedeutung erlangte. So präsentiert sich Erzherzog Sigmund der Münzreiche mit schütterem Haar und bescheiden gekleidet in grünem Wams, auf dem sich eine Fliege niedergelassen hat. Maximilian I. hingegen lässt sich in prunkvollem Kaiserornat mit sämtlichen Insignien der Macht porträtieren.

Kuratorin Claudia Mark konzentriert sich bei der Auswahl auf Werke von Künstlern, die in Tirol und im süddeutschen Raum tätig waren – wie beispielsweise Bernhard Strigel, Marx Reichlich oder Hans Maler. Normalerweise blicken in Porträtgalerien die Konterfeis oft blasiert von der Wand auf den Betrachter herab. Nicht hier.

Ausstellungsarchitektin Juliette Israël hat den Bildnissen Körper gegeben. Sie hat sie auf ausladenden Sockeln platziert, deren Farbgebung mit dem jeweiligen Bildhintergrund korreliert. Und so stehen die Porträtierten wie auf einer italienischen Piazza – eine Klanginstallation unterstreicht diesen Eindruck – locker im Raum verteilt.

Der Betrachter wandelt zwischen den Dargestellten hindurch und tritt mit ihnen in Blickkontakt. Neben Gemälden, Zeichnungen und Münzen ist auch ein Schriftstück ausgestellt, das auf die Zahlungsmoral der Hochwohlgeborenen schließen lässt. Darin bettelt Hans Maler untertänigst die durchlauchtige Königin Anna von Ungarn um das ausstehende Geld für zehn Bildnisse. Gleich mehrere ihrer Porträts sind in der Ausstellung zu sehen. (dns, 10.7.2016)