Es mutet fast schon an wie ein Ritual, wie das immergleiche Ritual, dem keinerlei praktische Schritte folgen. So treffsicher Barack Obama jedes Mal die passenden Worte findet, wenn irgendwo in Amerika ein Todesschütze ein Blutbad anrichtet, ob in Charleston, Orlando oder Dallas, so groß muss die Ohnmacht sein, die er dabei empfindet.

Die Abstände zwischen den Trauerreden, die der US-Präsident nach einem Schusswaffenmassaker zu halten hat, sie werden kürzer und kürzer, ohne dass der Waffenwahn eingedämmt wird. Und der Mann, der allein schon wegen seiner Biografie solche großen Hoffnungen weckte, dass die Konflikte aus der Gründerzeit des Landes endlich beigelegt würden, muss ernüchtert mit ansehen, wie das Misstrauen zwischen Weiß und Schwarz von neuem wächst, statt abzunehmen.

Eine große Zahl von Afroamerikanern sieht in Polizisten, deren Finger oft zu locker am Abzug sitzen, nach wie vor Feinde. Viele Schwarze stecken fest in einem Armutsghetto, das auch ihren Kindern keine Perspektiven bietet. Abgeordnete, die vor der mächtigen Flintenlobby erstarren wie Kaninchen vor der Schlange, trauen sich einfach nicht, das Überfällige zu tun und strengere Waffengesetze zu beschließen.

Kein Zweifel, Obama hat einmal mehr das Richtige gesagt. In gewollter Zuspitzung sprach er davon, dass es für einen Teenager manchmal leichter sei, eine Glock-Pistole zu kaufen, als vor einem Computer zu sitzen oder ein Buch zu lesen. Und dass die Gesellschaft dann der Polizei zurufe: Los, spielt mal den Lehrer! Es sind schmerzhaft wahre Worte, nur leider auch Worte, die wohl wieder ohne Echo verhallen. (Frank Herrmann, 13.7.2016)