Trostpflaster für O-Bus-Passagiere: Anfang Juli hat die Salzburg AG zehn neue, höchst komfortable Busse in Betrieb genommen.

foto: salzburg ag

In Salzburg braust der Durchzugsverkehr immer noch durch die historische Altstadt. Im Bild die Pferdeschwemme auf dem Karajan-Platz.

foto: thomas neuhold

Salzburg – Der Facebook-Eintrag einer Salzburgerin vom 6. Juli ist fast idealtypisch für die städtische Verkehrssituation im Sommer: "40 Min. von der Hofhaymer Allee bis zum SOG – obwohl es nicht regnet ...", schreibt die junge Frau. Für Nichtsalzburger: Das ist eine Strecke im Stadtteil Nonntal, für die man zu Fuß keine fünf Minuten benötigen würde. Und so geht es in Salzburg Sommer für Sommer dahin.

Am schlimmsten sind die Regentage, denn dann strömen die Touristen von den umliegenden Badeseen zu Tausenden in die Stadt, und die Fahrradfahrer steigen vielfach ebenfalls auf den Pkw um. Die Baustellensaison macht die Sache auch nicht besser.

Busse im Sommerschlaf

Die öffentlichen Verkehrsmittel stellen für viele keine Alternative dar. Der Sommerfahrplan der Oberleitungsbusse streckt die Intervalle auf wichtigen Hauptlinien auf 15 Minuten. "Der Ferienfahrplan passt sich an das geänderte Fahrgastaufkommen an. Im Vergleich zu den Zahlen im Winter sinken die Fahrgastzahlen um circa ein Drittel", rechtfertigt die Salzburg AG den Sommerschlaf der O-Busse.

Das Argument, dass, wenn keine Busse fahren, auch keine Fahrgäste vorhanden sein können, erschließt sich für die Salzburg AG offensichtlich nicht. Und der Hinweis der Salzburg AG, dass auch in anderen Städten Ferienfahrpläne gefahren werden, mag stimmen. Nur das hilft den Salzburger Verkehrsteilnehmern wenig.

Garagenbau statt Öffentliche Verkehrsmittel

Landes- und Stadtpolitik wissen um die Problematik. Im Landtag gab es im Februar dieses Jahres wieder einmal eine aktuelle Stunde. Titel der Veranstaltung: "Der tägliche Verkehrskollaps in und um Salzburg." Im Gemeinderat stand der alltägliche Stillstand dann im Mai auf der Tagesordnung: "Staustadt Salzburg." Konkrete Ergebnisse: null.

Stattdessen werden munter neue Verkehrserreger gebaut. Die Mönchsberggarage soll auf rund 2.000 Stellplätze erweitert werden. Und die Firma Porsche plant ebenfalls eine neue Megagarage mit mehr als 600 Stellplätzen. Im Gemeinderat hieß das dann zuletzt – Bürgerliste und zwei Neos-Mandatare ausgenommen– "Chancengleichheit" der Verkehrsmittel. Vorrang für den öffentlichen Verkehr war gestern.

Alles Auto

Das Land – hier die ÖVP – will in Bergheim nördlich der Landeshauptstadt einen 200 Millionen Euro teuren Straßentunnel als Umfahrung unter dem Gitzen hindurchbauen. Die oppositionelle SPÖ ist dagegen. In der Stadt wiederum, wo die SPÖ den Bürgermeister stellt, blockieren die Roten seit Jahren die Regionalstadtbahn – eine oberirdisch geführte Mischung aus Zug und Straßenbahn nach dem Muster von Karlsruhe in Deutschland.

Für die Stadt-SPÖ eine "veraltete Technologie", die Zukunft gehöre autonom, also lenkerlos fahrenden Autos und Bussen. Dass die selbstfahrenden Karossen genauso viel Platz brauchen wie jene mit Lenker, sagt niemand dazu. Und wie man so des täglichen Zustroms von bis zu 90.000 Pendlerfahrzeugen Herr werden will, bleibt – Technologie hin, Technologie her – ebenfalls unbeantwortet. Folge des Alles-Auto-Kurses: Es geht gar nichts mehr, alles steht.

Öffi-Anteil sinkt

Der Vorschlag der Bürgerliste, dass man beispielsweise die Überschüsse der Salzburger Parkgaragengesellschaft – diese steht im Eigentum von Stadt und Land – statt in neue Garagen in den Ausbau des Öffi-Netzes stecken könnte, wird von SPÖ und ÖVP nicht einmal ignoriert. Das schlägt sich auch in der Tarifpolitik nieder: Das Jahresticket kommt derzeit auf 379 Euro. Zum Vergleich: Im doppelt so großen Graz kostet die Jahreskarte für die Bewohner 241 Euro.

Zwei Meldung aus dem Juli dazu: " Einen Spitzenwert meldet der Fahrzeughandel bei Neuzulassungen." Die Steigerungsrate liege im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zu 2015 bei sagenhaften 22,6 Prozent. Und: Die Messstation auf der Westautobahn, die bisher die meistbelastete war, ist im Landesranking nur noch auf Platz drei. Die mieseste Luft gibt es auf dem Rudolfsplatz – direkt an der Nonntaler Brücke beim Landesgericht.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Anteil des öffentlichen Verkehrs in der Landeshauptstadt ständig sinkt. 1995 betrug der Anteil der mit den Öffis zurückgelegten Wege rund 21 Prozent, laut Mobilitätsanalyse 2012 gerade noch etwas mehr als 14 Prozent. Einzig der gestiegene Radfahreranteil – aktuell rund 20 Prozent – hält Salzburg noch einigermaßen in Bewegung.

Pförtnerampel

Zurück in den Sommer: Damit die Stadt an Regentagen nicht völlig im Chaos versinkt, versucht Verkehrsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste) irgendwie die Zufahrt in die Stadt zu steuern. Früher hieß das Modell "Schlechtwettersperre". Hat nicht funktioniert und scheiterte letztlich auch am Widerstand der Altstadtkaufleute.

Statt der Ableitung von Touristenautos auf Großparkplätze am Stadtrand will man heuer erstmals den Einsatz intelligenter Ampeln versuchen. Sie sollen wie Pförtner die Autolawine Richtung Innenstadt regeln. Das Ergebnis ist vorhersehbar: Der Stau wird sich an Schlechtwettertagen in die Außenbezirke der Stadt verlagern. (Thomas Neuhold, 25.7.2016)