Kaum etwas hasst Donald Trump so sehr, wie wenn jemand ihm die Show stiehlt. Und da stand sein ehemaliger Rivale Ted Cruz nun während des republikanischen Parteitags, der nur einen Dreh- und Angelpunkt kennt – Trump selbst – auf der Bühne und blamierte den frisch gekürten Präsidentschaftskandidaten zur besten Primetime. Eigentlich, so lautete zumindest Trumps Plan, hätte Senator Cruz diesen Platz dafür nützen sollen, den Friedensschluss der beiden einstigen Kontrahenten öffentlich zu feiern. Die intendierte Botschaft: Seht her, wir, die Republikaner im Allgemeinen und die einstigen Feinde im Speziellen, legen unsere Differenzen beiseite, um gemeinsam in die Schlacht gegen die eigentliche Feindin Hillary Clinton zu ziehen.

Daraus wurde allerdings nichts, denn Ted Cruz, der hatte seinen eigenen Plan. Er gratuliere Trump zu seiner Nominierung, hielt der Texaner fest, und erwähnte ihn fortan kein einziges Mal mehr. Es war eine lange Rede, und Cruz sprach über vieles, Freiheit, Waffen, Konservatismus, nur über den Präsidentschaftskandidaten selbst sprach er nicht. Den Affront krönte er dann noch mit der Aufforderung, zu wählen, wen man eben, nach bestem Gewissen, wählen wolle. Was heißen soll: Wählt, wen ihr wollt. Empfehlung gebe ich euch keine, und schon gar nicht eine für Donald Trump.

Damit hat Cruz nicht nur Trump "live in den Rücken gestochen", wie das US-Magazin "Foreign Policy" kurz darauf titelte, er brüskierte die gesamte "Grand Old Party": Sollten noch irgendwo Zweifel am zerrütteten Zustand der Partei vorhanden gewesen sein, dann lieferte der Senator aus Texas gestern den ultimativen Beweis dafür. Diese Partei eint augenscheinlich noch nicht einmal der gemeinsame Feind auf demokratischer Seite. Ein Teil spekuliert offenbar mit einer krachenden Niederlage Trumps im November. Deswegen bringen sich einige schon einmal für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 in Stellung, manche stiller, wie John Kasich, der angeblich auf einen neuen Anlauf in vier Jahren spekuliert – andere eben mit Bomben und Granaten. (Anna Giulia Fink, 21.7.2016)