Die internationalen "Alt Wien"-Kindergärten müssen auf städtische Förderungen verzichten (Symbolbild).

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Die Stadt Wien hat einen Fördermittelstopp über den Privatkindergartenbetreiber "Alt Wien – Muku – Arge für multikulturelle Kindergartenpädagogik" verhängt. Bei einer "ausführlichen Wirtschaftsprüfung" sei festgestellt worden, dass Fördergelder widmungswidrig verwendet worden seien, gab das Büro von Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Montag der APA bekannt.

"Alt Wien" betreibt Einrichtungen an 33 Standorten und ist laut Frauenbergers Büro für die Betreuung von 2.276 Kindern zuständig. Die Stadt betonte, dass man sich dafür eingesetzt habe, eine Lösung mit dem Betreiber zu finden, sodass kein Kind seinen Kindergartenplatz verliere. Eine verhandelte Lösung sei schlussendlich vom Verein nicht aufgegriffen worden.

Weiterführung ungewiss

Aufgrund "des zunehmend nichtkooperativen Verhaltens" der Verantwortlichen habe sich die MA 10 – sie ist für die Prüfung der Mittelverwendung zuständig – gezwungen gesehen, "die Auszahlung der Fördermittel bis auf weiteres einzustellen und eine Rückzahlungsforderung nach derzeitigem Wissensstand in Millionenhöhe einzuleiten".

Der Betreiber sei am Montag darüber informiert worden. Ob alle "Alt Wien"-Standorte ohne städtische Förderungen weitergeführt werden können, sei derzeit ungewiss, hieß es aus dem Büro Frauenbergers.

Geld ging in Bau eines neuen Kindergartens

Richard Wenzel vom Betreiberverein sagte der APA, dass man ohne Förderung sofort zusperren müsse. "Wir leben von der Hand in den Mund." Die teils widmungswidrige Verwendung von Fördergeldern bestreitet er nicht grundsätzlich, relativiert die Sache aber dahingehend, dass man den Großteil der Förderung – etwa 4,5 Millionen Euro – für den Bau eines neuen Kindergartens in Penzing verwendet habe. Das Argument der Stadt gehe dahin, dass die Förderung ausschließlich zum Betrieb von Kindergärten, nicht aber zur Schaffung neuer Plätze verwendet werden dürfe.

Konkret wirft die Stadt, genauer gesagt die MA 10, der Trägerorganisation "Alt Wien – MUKU – Arge für multikulturelle Kindergartenpädagogik" vor, Subventionen, welche im Rahmen der Förderung des beitragsfreien Kindergartens ausbezahlt wurden, "widmungswidrig" verwendet zu haben. Der Betreiber wies gegenüber der APA die Vorwürfe zurück und betonte, "effizient zu wirtschaften".

"Die Buchhaltung war dermaßen unordentlich, dass sich selbst ein Wirtschaftsprüfer keinen Eindruck verschaffen konnte, was mit dem Geld passiert ist", veranschaulichte MA 10-Leiterin Daniela Cochlar der APA die Situation aus städtischer Sicht. Die Magistratsabteilung hegt den Verdacht, dass die städtischen Gelder beispielsweise für Sanierungen von Immobilien verwendet worden seien, die sich im Eigentum des Betreibers befinden – beispielsweise einer Ballettschule.

Ebenfalls seien die Instandhaltungskosten für ein Schloss in Bad Aussee an die Stadt weiterverrechnet worden – wiewohl dieses nichts direkt mit dem Kindergarten zu tun hätte, lautet ein weiterer Vorwurf. Der Betreiber hätte dort kostenpflichtige Kinderferiencamps veranstaltet.

Betreiber: "Effizientes Wirtschaften"

Weiters wird vermutet, dass mit dem Fördergeld ein Haus in Penzing errichtet worden sei – wobei sich neben den Kindergarten-Räumlichkeiten allerdings auch Wohnungen in der Immobilien befänden. Richard Wenzel vom Betreiberverein "Alt Wien" betonte diesbezüglich, man habe die 4,5 Millionen Euro zum Bau eines neuen Kindergartens durch effizientes Wirtschaften in den vergangenen Jahren aufgebracht. "Wir machen das seit 50 Jahren. Wir sind gewohnt, effizient zu wirtschaften." Außer einem Essensbeitrag müssten die Eltern nichts zahlen.

Kontrolliert wurden vom Wirtschaftsprüfer im Auftrag der Stadt bei "Alt Wien" vorerst die Jahre 2009 bis 2014. Im Moment sei man gerade dabei, auch die Jahre danach unter die Lupe zu nehmen, so Cochlar. Sie verwies auch darauf, dass der Stadtrechnungshof bei einer Überprüfung Hinweise auf Verstöße entdeckt hätte.

Laut der MA 10-Leiterin hätte die Organisation nach derzeitigem Stand mehr als sechs Millionen Euro "zu Unrecht" bekommen. Zur Veranschaulichung: Bisher floss monatlich rund eine Million Euro an Fördergelder an "Alt Wien". Die Stadt hat nun eine Förderstopp über den Verein verhängt. Eine Anzeige, die der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft übermittelt werden soll, sei in Vorbereitung, hieß es weiters.

Offen ist nun die Zukunft von "Alt Wien" samt der 33 Standorte, an denen 2.276 Kinder betreut werden. Laut MA 10 sind auch 300 Mitarbeiter betroffen. "Was nun passiert, muss der Betreiber entscheiden", so Cochlar. Sie betonte, dass man dem Verein sehr entgegen gekommen sei, "um die Plätze nicht zu gefährden". Es sei ein halbes Jahr lang verhandelt und dem Betreiber angeboten worden, dass er die mehr als sechs Millionen Euro zurückzahlen könne. Doch man sei "vertröstet und hingehalten" worden.

Die MA 10 hat nun für betroffene Eltern, Obsorgeberechtigte und Mitarbeiter ein Informations-Hotline (01 277 55 55) eingerichtet. Sie bietet den Betroffenen u.a. Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Betreuungsplatz: "Wir werden uns bemühen, für die Kinder andere Plätze zu finden, wenn die Eltern das wollen", so Chochlar. Auskunft gibt es auch bei den Servicestellen der MA 10. Die Stadt will auch dafür sorgen, dass die Beschäftigung der Mitarbeiter "so weitgehend wie möglich" gesichert werde.

Cochlar kann sich jedenfalls eine weitere Zusammenarbeit mit den derzeitigen Verantwortlichen von "Alt Wien" nicht vorstellen. Sollte die Besetzung des Vorstandes allerdings ausgetauscht werden, so dass man wieder Vertrauen habe, könnte dies hingegen durchaus möglich sein. So sei der Vertrag mit "Alt Wien" auch nicht gekündigt worden, sondern vielmehr ein Förderstopp auferlegt worden, ließ sie die Zukunft offen.

Karmasin will Bestätigung

Nach dem Fördermittelstopp hat Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) die Stadt Wien dazu aufgefordert, dem Ministerium zu bestätigen, dass keine Bundesmittel missbräuchlich verwendet worden sind. Man behalte sich vor, missbräuchlich verwendete Bundesförderungen zurückzufordern, hieß es am Montag

"Noch nie hat der Bund so viel Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung in die Hand genommen wie in den letzten Jahren. Die Länder sind für die Auszahlung an die Träger verantwortlich und wir müssen gemeinsam sicherstellen, dass kein Steuergeld missbräuchlich verwendet wird. Ich werde das auch bei der nächsten Landesfamilienreferentenkonferenz mit meinen Kolleginnen und Kollegen in den Landesregierungen besprechen", sagte Karmasin. (APA, 25.7.2016)