Die Ärztekammer mobilisiert gegen die Kürzung von Nachtdiensten an Gemeindespitälern. Ab Freitag wird über Streik abgestimmt.

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Wien – Bei den Wiener Ärzten steigt der Unmut. Die Wiener Kammer will die 3000 Mediziner der Gemeindespitäler ab Freitag über einen Streik abstimmen lassen. Bis 21. August sollen sie kundtun, ob und in welcher Form es Kampfmaßnahmen geben soll.

Grund für die verschärfte Gangart ist ein erneuter Streit zwischen Ärzten und ihrem Arbeitgeber, dem Krankenanstaltenverbund (KAV). Anfang Juli wurde bekannt, dass wienweit ab Herbst 40 Nachtdienste reduziert werden und das Schichtdienstmodell mit 12,5 Stunden auf alle Stationen ausgeweitet wird. Das hat den alten Konflikt aufleben lassen: Die Kammer spricht von Vertragsbruch, was der KAV zurückweist.

Personalvertreter beklagt autoritären Führungsstil

Für Personalvertreter Wolfgang Weismüller hat die Ankündigung der Nachtdienstreduktion das "Fass zum Überlaufen" gebracht. Der KAV sei über die Ärzte "autoritär drübergefahren", die vereinbarte Einbindung, für die Monitoringgruppen geschaffen wurden, sei nicht erfolgt, sagt er im STANDARD-Gespräch. Stimmt nicht, sagt der KAV und verweist auf Gespräche. Der Dienstgeber sieht sich in den Wahlkampf der Standesvertretung hineingezogen – die Ärzte wählen im Frühjahr.

Bereits im Vorjahr wurde eine Neuorganisation der Dienste beschlossen. Die zulässige Höchstarbeitszeit pro Woche wurde österreichweit für alle Spitalsärzte auf 48 Stunden beschränkt – zuvor waren in Wien bis zu 55 Stunden erlaubt. Ärztekammer und KAV einigten sich, das Grundgehalt der Ärzte stieg, der Spitalsbetrieb sollte aber umorganisiert werden, damit weniger Nachtdienste benötigt werden. Zentrale Notaufnahmen, um Stationen zu entlasten, und Einbindung des niedergelassenen Bereichs sind Teil der Vereinbarung.

Streit um Vereinbarung

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres vermisst die Umsetzung der Maßnahmen. Damit diene die Reform nur dazu, Geld einzusparen, sagt er dem STANDARD. Der KAV verweist in einer Stellungnahme darauf, dass es nicht vorgesehen war, erst dann Nachtdienste zu streichen, wenn die Begleitmaßnahmen umgesetzt seien. Für Ärztevertreter Weismüller funktioniert das nicht. Er fürchtet, dass der Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Denn durch die neuen Dienstzeiten arbeitet jeder Arzt ein Drittel weniger als zuvor, damit fehlen 1000 Vollzeitstellen. "Die Verzweiflung bei den Kollegen steigt", sagt er.

Als Personalvertreter hatte er einer elektronischen Evaluierung der Nachtdienste auf bestimmten Stationen zugestimmt. Sie sollte ab Herbst durchgeführt werden, um Arbeitsbelastung zu dokumentieren und bessere Abläufe zu schaffen. Weismüller bezweifelt aber, dass an diesem Plan festgehalten werde. Der KAV habe bereits dieser Entscheidung vorgegriffen. (Marie-Theres Egyed, 26.7.2016)