Thomas Bach hat die Watsche, die er kassierte, natürlich kommen sehen. Der IOC-Präsident ist weder dumm noch naiv, ihm war klar, welche Empörung seine Entscheidung, Russlands Team zu den Olympischen Spielen in Rio zuzulassen, in weiten Teilen der Sportwelt hervorrufen würde. Den Spott in den sozialen Medien ("Je mehr Russen in Rio, Testo besser") hält Bach locker aus. Er wollte es sich mit Wladimir Putin nicht verscherzen, der als eine der wichtigsten Figuren im Sport gilt, sondergleichen vernetzt und verantwortlich dafür ist, dass Russland die Olympischen Winterspiele 2014 (Sotschi) und die Fußball-WM 2018 zugesprochen bekam.

Dass es aus Österreich – mit Ausnahme Michael Cepics, des Chefs der Antidopingagentur – keine Kritik am IOC gibt, hat mehrere Gründe. Während sich anderswo viele Sportstars kein Blatt vor den Mund nehmen und Bach einen "Kniefall vor Putin" vorwerfen, ist hierzulande festzustellen, dass es – in den großen olympischen Disziplinen – erst gar keine Stars gibt. Auch Sportpolitiker und Sportfunktionäre verhalten sich ruhig. Der zuständige Minister Hans Peter Doskozil, der kürzlich den Ausschluss Russlands gefordert hat, sagt nun, das IOC-Urteil sei "zu akzeptieren". Projekt-Rio-Chef Peter Schröcksnadel ist "gegen Sippenhaftung". Und ÖOC-Präsident Karl Stoss strebt Anfang August die Aufnahme ins IOC an. Wie Bach ist auch Stoss weder dumm noch naiv. (Fritz Neumann, 25.7.2016)