Ein Paar, ein Label: Franziska Fürpass ist für das Design von Femme Maison, Sia Kermani für das Geschäftliche zuständig.

Foto: Markus Thums, Femme Maison

Beeinflusst von den 1970ern, zeichnet sich ihre Mode durch Drapierungen und luxuriöse Verarbeitung aus.

Foto: Markus Thums, Femme Maison

Modeschauen in Wien? Gibt es nicht wirklich oft zu sehen. Insofern ist es bemerkenswert, wenn ein Label gleich bei den zwei wichtigsten Events der heimischen Modeszene in den vergangenen Monaten seine Kreationen zeigen durfte: beim alternativen Take-Festival der Austrian Fashion Association und bei der glamourösen Vienna Fashion Night. Das eine Mal in den maroden Hallen der Alten Post in Wien, das andere Mal im Prunk der Wiener Nationalbibliothek. Unterschiedlicher hätten die Räumlichkeiten nicht sein können. Die Mode von Femme Maison passte dennoch in beide.

Vielleicht weil hinter ihr zwei Personen stecken, die es schaffen, jung und erwachsen zugleich zu sein. Innovativ und klassisch. Franziska Fürpass heißt die eine, Sia Kermani der andere. Sie Modedesignerin, er Maler/ Programmierer/Fotograf. Oder um es mit ihren eigenen Worten zu sagen: "Wir sind ein recht eigenartiges Gespann."

Von der Liebes- zur Arbeitsbeziehung

Vor mittlerweile fünf Jahren lernten die beiden einander bei einer Modeschau der Universität für angewandte Kunst kennen. Sie hatte an der dortigen Modeklasse ihr Studium abgeschlossen, er wollte nach einigen Jahren als Modefotograf in Mailand mit der Branche nichts mehr zu tun haben. Daraus wurde aber nichts. Die Liebes- wuchs sich zu einer Arbeitsbeziehung aus. Und das Label, das Fürpass ursprünglich mit ihrem Kommilitonen (und RONDO-Modepreisgewinner des Jahres 2011) George Bezhanishvili gegründet hatte, wurde fortan von beiden betrieben. "Unsere Zeitrechnung beginnt mit der Frühjahrskollektion 2014", sagen die beiden heute. Die Entwürfe in den Jahren zuvor werden in der Kategorie Erfahrungsmaximierung verbucht.

Mittlerweile sind die beiden bei Kollektion Nummer acht angelangt – oder, wie sie sie selbst nennen, bei "Garderobe 08". Hinter dieser Bezeichnung steckt der Gedanke, über die Saisonen hinweg eine eigenständige, weibliche Garderobe aufzubauen. "Warum jede Saison wieder alles über den Haufen werfen und von vorne beginnen?", fragt Fürpass. Basics und Klassiker bleiben im Sortiment, werden leicht verändert oder in anderen Farben oder Materialien angeboten.

Der Wintermantel, das Sommerkleid. Vor kurzem haben sie erstmals zwei Strickteile in die Kollektion aufgenommen. Vorausgegangen waren monatelange Material- und Produktionsrecherchen. "Die Herausforderung liegt darin, sowohl kleine als auch große Stückzahlen in hervorragender Qualität zu produzieren", erklärt Kermani.

Jede Naht stimmt

Qualität ist ein Wort, das im Gespräch mit Fürpass und Kermani häufig fällt. Den Begriff Luxus hören sie dagegen weniger gern. Vielleicht weil das Wort auf alles und jeden gepappt wird und einen mehr als schalen Beigeschmack hat. Bei der Beschreibung ihrer Mode kommt man aber darum nicht herum. Zum einen, weil sich ihre Mode preislich in den Gefilden anderer Luxuslabels bewegt, zum anderen, weil es auch eine Standortbestimmung ist. Im Unterschied zu vielen anderen jungen Wiener Labels möchte man sich bei Femme Maison nicht in irgendeiner Subkultur positionieren.

"Die Frau, die wir einkleiden möchten, steht mitten im Leben. Sie will außergewöhnliche, hochwertige, aber auch sehr praktische Mode." Letzteres ist einer der Gründe, warum sich bei Femme Maison viele Teile finden, die von Menschen mit ganz unterschiedlichen Körpergrößen getragen werden können. Capes, Wickelkleider, drapierte Tops.

Zum einen erspart man sich damit als kleines Label die Produktion in verschiedenen Kleidergrößen, zum anderen unterstreicht es die Leichtigkeit und Mühelosigkeit, die vielen Kleidungsstücken eigen ist. Einfach reinschlüpfen und einen Gürtel drumherum, das ist so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner von vielen Stücken der Franziska Fürpass. Ein anderer ist das Maßnehmen an den Diven der späten 1960er- und 1970er-Jahre. Die heurige Frühjahrskollektion war eine Hommage an Romy Schneider und Jane Birkin und den legendären Film La piscine. In beinahe jeder Kollektion von Femme Maison finden sich bodenlange Kleider aus Baumwoll- oder Seidenkrepp, auch die Kaftankleider des Labels sind beinahe schon so etwas wie Klassiker. Yves Saint Laurent in Marrakesch kommt einem in den Sinn, der Glamour psychedelischer Gartenpartys.

Halber Perser

Persischer Jazz ist dagegen die Assoziation, die Sia Kermani hat. Sein Vater stammt aus dem Iran, aufgewachsen ist er allerdings in Graz – genauso wie Franziska Fürpass. Mit Mode hatte Kermani, bevor er mit Fürpass zusammenkam, wenig am Hut, mit deren wirtschaftlichen Hintergründen noch weniger. Um so schwieriger die ersten Schritte. "Es war uns wichtig, das Ganze von Anfang an wie eine Firma aufzuziehen", erklären die beiden. "Mithilfe von Business-Angels und mit Mehrjahresplänen."

Startkapital hatten sie keines, bei der Suche nach geeigneten Produzenten geriet man immer wieder an Grenzen. "Neben einer Näherin in Wien haben wir eine Produktionsstätte in Litauen, die für Marken wie Acne oder Gucci produziert." Für diese ist die Zusammenarbeit mit einem kleinen Label ein Investment in die Zukunft, rechnen wird es sich erst, wenn größere Stückzahlen produziert werden.

Davon ist man noch weit entfernt: In weltweit sechs Geschäften kann man Femme Maison derzeit kaufen, in Österreich ist das Label im Concept-Store Park in der Wiener Mondscheingasse zu haben. Wirklich viel ist das nicht, zusammen mit einer Reihe von Privatkunden, die direkt bei den beiden ordern, aber eine Basis, auf der man aufbauen kann. Das Label sichtbarer zu machen, ist denn eine der wichtigsten Herausforderungen – neben der Erstellung neuer Kollektionen.

"Praktische Couture": Mit diesem Begriff beschreiben Franziska Fürpass und Sia Kermani die Mode von Femme Maison.
Foto: Markus Thums, Femme Maison

Kleine Schritte

Im vergangenen März zeigte man erstmals während der Pariser Modewoche im Showroom der Vienna Fashion Association, wo die Kollektion auch dem Einkäufer der Galeries Lafayette auffiel. Für einen Monat war sie daraufhin im berühmten Pariser Warentempel zu sehen. Kaufen konnte man die Mode dort nicht, dafür schien das Label in Paris noch nicht bekannt genug zu sein. "Wir machen kleine Schritte, und das ist uns auch sehr recht", so Kermani. Zu viele heimische Labels sind nach einem kleinen Hype wieder verschwunden, kaum eines steht auf gesunden wirtschaftlichen Beinen. Und das, obwohl es in Österreich eine der weltweit besten Kreativförderungen gibt.

Label im Aufbau

Auch Femme Maison wurden schon von einigen Förderprogrammen unterstützt. Überleben können die beiden trotzdem nur, weil sie ihre Fixkosten radikal runtergeschraubt haben. "Unser gesamtes Geld fließt derzeit in den Aufbau des Labels, doch das ist mit Basis Wien einfacher gesagt als getan." Anders als etwa in Belgien oder Italien hat heimische Mode hierzulande einen schweren Stand.

Es gibt nur wenige Geschäfte, die österreichische Designer in ihr Sortiment aufnehmen – und es gibt nur wenige Käufer, die gezielt nach heimischer Mode suchen. Diese hat in der Vergangenheit oft nicht das gehalten, was sie versprochen hat, sowohl was die Qualität als auch was das Design anbelangt.

Mit ihrer zeitlos-minimalistischen Mode orientieren sich Femme Maison weniger am Stil schwer verkaufbarer Konzeptlabels als an Marken wie Céline, The Row oder Edun. "Mühelose Eleganz" haben sich die beiden auf ihre Fahnen geschrieben. Dabei muss jedes Detail passen. Franziska Fürpass springt aus ihrem Korbsessel und zeigt ein Seidentop mit einem an der Schulter angebrachten Messingverschluss. Trägt man das Oberteil, kann man sich den Schmuck sparen. Praktisch. Und sehr gescheit. (Stephan Hilpold, RONDO, 29.7.2016)