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Julian King, neuer EU-Kommissar für Sicherheit, Kampf gegen Terror und organisiertes Verbrechen und das absolute Gegenteil eines eingefleischten Europagegners.

Foto: Reuters/Handout

Auf den ersten Blick erscheint die Bestellung von Julian King zum neuen EU-Kommissar für Sicherheit, Kampf gegen Terror und organisiertes Verbrechen paradox. Ausgerechnet ein Brite bei einem der derzeit sensibelsten Themen in Europa und im persönlichen Auftrag seines Präsidenten, des Luxemburgers Jean-Claude Juncker?

Der nachgerückte Vertreter eines Landes also, das die gemeinschaftliche Politik im Bereich Innerer Sicherheit extra hintertrieb, dessen Bevölkerung sich entschieden hat, die Union nach 43 Jahren Mitgliedschaft zu verlassen? Einige im Kollegium dürften bei dieser Personalentscheidung geschluckt haben. Auf den zweiten Blick und vor dem Hintergrund der Persönlichkeit von Sir King, einem geadelten Konservativen, sieht das Bild schon etwas anders aus.

Der 51-jährige Karrierediplomat aus Whitehall, dem Londoner Außenministerium, ist das absolute Gegenteil eines eingefleischten Europagegners. In fast dreißig Jahren seines Berufslebens war er nicht nur auf britischen Außenposten in der Welt, in Irland, New York, Den Haag, Lissabon, Luxemburg, zuletzt als Botschafter in Paris. King war zwischendurch immer wieder in Brüssel: als Mitarbeiter der Ständigen Vertretung Londons in der EU. Er arbeitete aber auch in der Nato, sowie – leihweise – in der Kommission, als Kabinettschef der Außenhandelskommissare Peter Mandelson und Catherine Ashton. King hat Philosophie und Theologie in Oxford studiert, auch an der Pariser Eliteakademie ENA. Dort lernte er seine Frau Lotte Knudsen kennen. Sie ist im Auswärtigen Dienst der EU in führender Position für Grundrechte zuständig. King kennt also nicht nur die Hochgeschwindigkeitszugstrecken zwischen Paris, London und Brüssel gut, sondern auch den EU-Betrieb und die Schwächen im Sicherheitsbereich wie seine Westentasche. Ein paar Jahre lang war er in London als Generaldirektor für Nordirland zuständig, auch da eng in Sicherheitsfragen involviert. Das alles, Einblick in Geheimdienstarbeit inklusive, soll ein loyaler Kommissar King einbringen, hofft Juncker.

Er ist zugleich ein Signal, dass die Briten sicherheitspolitisch ein Schlüsselpartner auf dem Kontinent bleiben, was immer aus der EU-Mitgliedschaft wirtschaftlich wird. Ohne Nato-Staaten geht bei der Sicherheit nichts. Nebeneffekt: Der mit Migrationspolitik überforderte Kommissar Dimitris Avramopoulos wird von King entlastet. Ein spannender Job für einen Bald-nicht-mehr-EU-Bürger. (Thomas Mayer, 2.8.2016)