Der Punkt im Beurteilungsbogen des Krankenanstaltenverbundes über "Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle und der Stadt Wien" gehört wie angekündigt überarbeitet – besser wäre: ersatzlos gestrichen. Die Stadt hat das so noch nicht eingesehen, der Konflikt mit den Ärzten ist längst nicht ausgestanden.

Gernot Rainer hat eine Ärztegewerkschaft gegründet, und sein Dienstverhältnis wurde beendet. Der Fall ist ein Symptom für kurzsichtige Politik. Wenn eine Betragensnote für Mediziner wichtiger ist als ihre fachliche Qualifikation, kann das nicht im Interesse der Stadt sein. Das bringt bloß negative Schlagzeilen. Die Unruhe bei den Wiener Ärzten ist auch nach Rainers Abgang nicht gewichen; denn derzeit findet die zweite Streikabstimmung innerhalb eines Jahres statt. Der Lungenfacharzt nennt seine Bewegung Gewerkschaft und vertritt diese medienwirksam. Doch er hätte keinen Zuspruch, wären seine Bedenken bezüglich der Umstrukturierung des Spitalsbetriebs bloß einem Geltungsbedürfnis geschuldet.

Der KAV beschäftigt rund 3600 Ärzte. Kaum einer traut sich so hervor wie Rainer, aber viele sind unzufrieden. Mitarbeiter, denen Fehlentwicklungen auffallen, sind wertvoller als jene, die bloß zustimmen. Sie wollen die Situation verbessern, ein Zeichen, dass sie nicht aufgeben. Diskussionen zuzulassen wäre ein erster Schritt zur Selbstheilung. Damit das Symptom nicht zur Erkrankung wird. (Marie-Theres Egyed, 2.8.2016)