Für Demonstranten in Teheran gehören sie bereits zusammen: Israels Premier Netanjahu (re.) und Saudi-Arabiens König Salman (li.). Dazwischen Clinton, Trump, Obama und der König von Bahrain, und alle sind "Daeshian", Mitglieder des "Islamischen Staats".

Foto: AFP / Atta Kenare

Jerusalem/Riad/Wien – Wenn es als Versuchsballon gedacht war, um die öffentliche arabische Meinung abzutesten, waren die Ergebnisse eindeutig: In den sozialen Medien schlugen die Wellen der Empörung über Anwar Eshki zusammen, einen saudi-arabischen General im Ruhestand und Chef eines Thinktanks in Jeddah, der vor zwei Wochen Jerusalem besuchte. Eshki traf nicht nur den Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Dore Gold, sondern auch Knesset-Abgeordnete und den für die Palästinensergebiete zuständigen hohen Militär Yoav Mordechai.

Seitdem versucht Eshki zu erklären, dass er nicht Israel, sondern das "von Feinden besetzte" Palästina besucht und seine israelischen Kontakte nur am Rande stattgefunden hätten – und dass die saudi-arabischen Behörden von seiner Reise überhaupt nicht informiert gewesen seien. Was ihm niemand glaubt, auch wenn sich das Außenministerium in Riad öffentlich von ihm "und solchen wie ihm" distanzierte.

Eshki und Gold – Autor eines Buchs mit dem Titel "Königreich des Hasses: Wie Saudi-Arabien den neuen globalen Terrorismus unterstützt" – sind sozusagen ein altes Paar. Bei einem gemeinsamen Auftritt beim Council on Foreign Relations in Washington im Vorjahr bekannten sie, dass es zuvor zu einer Reihe von Treffen gekommen war (Gold war damals allerdings noch nicht im israelischen Außenministerium).

Das heizte die Spekulation darüber an, ob die amerikanische Iran-Politik, die im Juli 2015 im Atomdeal mündete, nicht zu einem paradoxen Ergebnis führen könnte: Eine Normalisierung zwischen Saudi-Arabien und Israel ist ja ein alter Wunsch der US-Diplomatie, der ausgerechnet nun in Erfüllung gehen könnte, weil die beiden Staaten in der Ablehnung des Atomdeals – und damit der US-Linie – zusammenfinden.

Beirut 2002

Tatsächlich ist es ein offenes Geheimnis, dass Riad die Eindämmung des Iran als absolute Priorität seiner Außenpolitik sieht. Trotz aller öffentlichen Beteuerungen liegt die Palästinenserfrage weit abgeschlagen dahinter. Aber Eshki sprach in Jerusalem natürlich auch die arabische Friedensinitiative von 2002 an: Der Gipfel der Arabischen Liga in Beirut griff damals ein Offert des saudischen Kronprinzen und späteren Königs Abdullah an Israel auf: umfassender Friede für einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967. Eshki betonte, dass nun, unter Abdullahs Nachfolger König Salman, der richtige Zeitpunkt für eine Umsetzung gekommen sei. Israel reagierte wie immer höflich und empfahl den Arabern, ihr Angebot zu überarbeiten – was in Riad ebenso entschieden abgelehnt wurde.

Die Saudis bleiben offiziell dabei, dass vor einem arabischen Frieden mit Israel ein israelisch-palästinensischer stehen muss. Israels erklärtes Ziel ist es, an der Normalisierung mit möglichst vielen Staaten, etwa afrikanischen, zu arbeiten, egal was an der palästinensischen Front passiert.

Zwei arabische Staaten, Ägypten (1979) und Jordanien (1994), haben ja auch Friedensverträge mit Israel unterschrieben. Seit Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi im April die Souveränität Riads über zwei Inseln in der Meerenge von Tiran (zwischen Golf von Aqaba und Rotem Meer) bestätigt hat, ist Saudi-Arabien zum indirekten Vertragspartner Israels im ägyptisch-israelischen Friedensvertrag geworden. Alle Beteiligten bestätigten, ihre Verpflichtungen einhalten zu wollen.

Geheime Gespräche

Damals spekulierte man, dieses territoriale Heranrücken Saudi-Arabiens an Israel sei von beiden Seiten gewünscht. Yossi Melman schrieb in Maariv von jeder Menge "faszinierender geheimer Gespräche" hinter den Kulissen. Tatsächlich sind Zusammentreffen im Rahmen von Tagungen oder speziellen sogenannten "Track 2"-Konferenzen nichts Außergewöhnliches, sogar israelisch-iranische Kontakte kommen so zustande. "2. Schiene" bedeutet im Normalfall, dass regierungsnahe Personen, die jedoch gerade kein offizielles Amt bekleiden, miteinander reden – das Berichten an die eigenen Hauptstädte ist in diesem Fall ausdrücklich erwünscht. Wenn es gut läuft, wird auf eine höhere Ebene gewechselt. Genau so sind etwa Iran und die USA ins Gespräch gekommen.

Im Falle Israels und Saudi-Arabiens ist der Iran der Kitt. Ein Vorgänger Eshkis als Pionier ist der frühere saudische Geheimdienstchef Prinz Turki al-Faisal, der bereits 2014 ein Tabu brach, als er einen Gastkommentar in Haaretz veröffentlichte (in dem er für die 2002er-Initiative warb). Prinz Turki ist vor kurzem bei einer Anti-Iran-Veranstaltung der Volksmujahedin in Paris aufgetreten. Ideologisch liegen Welten zwischen den schiitischen Linksislamisten und dem konservativen wahhabitischen Königreich. Warum also nicht auch Israel? Die Sicht der iranischen Hardliner, aus der anderen Richtung, entspricht dem vollends: Israel und Saudi-Arabien (und die USA und noch einige andere) gehören zusammen. (Gudrun Harrer, 4.8.2016)