Das tagelange Zittern hat ein Ende. Seit Donnerstagabend herrscht nun also Klarheit darüber, dass die Alt-Wien-Kindergärten nicht weitergeführt werden können. Betreiber Richard Wenzel hat die notwendigen Unterlagen trotz von der Stadt Wien erteilter Nachfrist nicht geliefert. Die Stadt ist nicht bereit, ein weiteres Mal ein Auge zuzudrücken.

Den Kürzeren ziehen jetzt die Eltern. Sie haben bis Ende des Monats Zeit, einen neuen Betreuungsplatz für ihre Kinder zu finden. Es geht um 2.300 Plätze; es wird nicht einfach sein, Ersatz zu finden. Alle Beteiligten müssen nun zusammenhelfen. Auch die Stadt ist gefordert, den Eltern so unterstützend wie möglich in diesem schwierigen Prozess zur Seite zu stehen.

Gleichzeitig beginnt die Suche nach den Schuldigen. Die einen zeigen mit den Finger auf die Stadt, die sich mutwillig einen Kindergartenbetreiber herausgepickt haben soll, um ein Exempel zu statuieren – war man doch monatelang mit Kritik konfrontiert, das Fördersystem in Sachen Wiener Kindergärten nicht unter Kontrolle zu haben. Wenzel – so mutmaßen einige – sei sozusagen das Bauernopfer, das dafür herhalten musste, dass der Stadt nicht mehr vorgeworfen werden könne, untätig zu bleiben.

Andere wiederum sehen in Wenzel allein den Bösen. Er habe Geld abgezweigt, das eigentlich den Kindern zur Verfügung hätte stehen sollen, und habe damit Immobilien renoviert. Verteidiger Wenzels sagen, er habe das im Sinne der Kinder gemacht, die dadurch beispielsweise preiswerten Ballettunterricht nehmen konnten – Fördergeld wurde dennoch zweckentfremdet.

Tatsächlich haben sowohl die Stadt als auch Wenzels Verein Alt-Wien ihren Teil dazu beigetragen, dass die Eltern nun vor der Misere stehen. Der Stadt ist jedenfalls schlechtes Krisenmanagement vorzuwerfen – wurden die Eltern doch recht kurzfristig über die Probleme informiert. Wenzel muss dafür kritisiert werden, die Vorgaben der Stadt jahrelang ignoriert und den Verantwortlichen auf der Nase herumgetanzt zu haben.

Wenzel hat nun die Konsequenzen für den Fördergeldmissbrauch in Höhe von 6,6 Millionen Euro zu tragen, er wurde bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Es ist wichtig, dass der Sache strafrechtlich nachgegangen wird. Doch auch die Stadt wird Konsequenzen ziehen müssen. Sie ist von privaten Einrichtungen abhängig. Nur durch diese ist es für Wien möglich, damit zu werben, flächendeckende Kinderbetreuung anbieten zu können. Bildungsexpertin Heidemarie Lex-Nalis wies nicht zu Unrecht jüngst im STANDARD darauf hin, dass größtmögliche Wahlfreiheit im Sinne der Eltern und Kinder ist.

Was also tun? Mit privaten Trägern noch intensiver in Kontakt treten. Noch mehr Informationspolitik betreiben. Und bei den Abrechnungen noch strenger sein. Damit in Zukunft ähnliche Fälle ausgeschlossen werden können. Es ist mehr als bedauernswert, dass erst jetzt bekannt wurde, dass der Träger Gelder bereits über Jahre missbraucht haben soll. (Rosa Winkler-Hermaden, 5.8.2016)