Der Bau der Donaubrücke bei Stadlau 1870, dokumentiert von Hermann Voigtländer.

Foto: Eisenbahnarchiv, Technisches Museum Wien

Wien – 1825 wurde in England die erste Eisenbahnstrecke eröffnet, auf der Güter und Personen per Dampflok transportiert wurden. Die geglückte Kombination des guten alten Rads mit der Dampfmaschine sollte sich als eine der einschneidendsten Erfindungen überhaupt erweisen. Fast explosionsartig breiteten sich im 19. Jahrhundert Schienennetze über Europa aus. In Österreich baute man bis 1854 rund 1400 Streckenkilometer – 1873 waren es schon 8000.

Beteiligt an diesem Boom war auch die "k. k. privilegierte österreichische Staats-Eisenbahn-Gesellschaft" (StEG). Beauftragt vom schwer verschuldeten Habsburgerreich, errichtete das Unternehmen ab 1854 nicht nur Strecken, Brücken, Tunnel. Man erschloss außerdem das Banat, eine im heutigen Rumänien, Ungarn und Serbien gelegene, erz- und kohlereiche Region. Tatsächlich handelte es sich um ein "vertikal integriertes Unternehmen", soll heißen: Von den Rohstoffen bis zur fertigen Lok hielt man sämtliche Produktionsstufen in der Hand.

Die Geschichte der StEG steht nun im Zentrum einer Ausstellung des Photoinstituts Bonartes (Kurator: Martin Keckeis). Man erschließt sie vor allem über Fotografien des Österreichers Andreas Groll, der ab 1858 im Auftrag der Steg ins Banat reiste, um etwa in der Landschaft eingenistete Fabriksgebäude oder Maschinenhallen abzulichten.

Sprechende Quellen

Befragt werden die "sprechenden Quellen" dabei zuvörderst auf die Bildpolitik der Ingenieure - so der Titel der Schau. Immerhin dienten Grolls Bilder ursprünglich der Repräsentation der StEG, quasi einer "Private Public Partnership", wie Photoinstitut-Leiterin und Kunsthistorikerin Monika Faber sagt. Sie sollten etwa Aktionären ihre Investition anschaulich machen; 1862 zeigte man sie auf der Weltausstellung in London. Tatsächlich begriff man die junge Technologie der Fotografie (geb. 1839 in Paris) als Mittel, um im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf zu bestehen.

Ausgehend von Fotos auch anderer Fotopioniere vermittelt sich hier Stück für Stück ein Unterkapitel der industriellen Revolution. Staunen könnte man etwa darüber, dass Groll auch der ortsansässigen Bevölkerung in Südosteuropa einige Aufmerksamkeit widmete, Bräuche und Gewänder "konservierte". Der Grund, so Faber: Die StEG sei sich der gravierenden soziopolitischen Auswirkungen ihres Vorstoßes sehr bewusst gewesen. In den neuen Fabriken arbeiteten indes vornehmlich aus anderen Teilen der Monarchie zugezogene "Kolonisten".

Neben sozialgeschichtlichem Interesse kann in der Ausstellung Bildpolitik der Ingenieure schließlich sicher auch ein bisschen Eisenbahn-Aficionadotum im engeren Sinne nicht schaden: etwa in Anbetracht einer Reihe von "Katalogfotos" von Dampflokomotiven. (Roman Gerold, 11.8.2016)