Grandios wie monströs: Bechtold zeigt mit Stadtgebilden wie "Block (Müm)" (2010-2013) die Widersprüche der Moderne auf.

Foto: Galerie Lisi Hämmerli

Das wohl überraschendste Ausstellungsstück ist eine Kaffeemaschine – und zwar eine von jener ultramodernen Sorte, die alles automatisch macht. Den studierten Modellbauer und Künstler Matias Bechtold hat ihr metallgrauer, quadratischer Körper sofort an ein modernistisches Haus erinnert. Also hat er ein Exemplar in Kleinstarbeit in ein solches verwandelt, indem er den Kaffeesatzbehälter zur Dusche umfunktionierte, ein Schlafzimmer installierte und im Wassertank eine Art Schaltzentrale errichtete.

In der Bregenzer Galerie Lisi Hämmerle erinnert das einstige Haushaltsgerät nun nicht nur optisch an die Filmhäuser von Jacques Tati. Auch inhaltlich teilt sich Matias Bechtold mit dem berühmten Filmemacher die Kritik am Automatismus- und Fortschrittsgedanken der Nachkriegsmoderne, die in der Ausstellung Ultra Moderne aus aktueller Perspektive beleuchtet wird. Im wahrsten Sinne des Wortes praktiziert das Chris Dreier (u. a. Mitglied der Band Die tödliche Doris), die mit ihren Lochkamerafotografien das langsame Verschwinden modernistischer Architektur festhält: In der Bregenzer Schau zeigt sie u. a. eine Aufnahme der Bludenzer Reihenhaussiedlung Halde, die – 1964 erbaut – als Vorreiterprojekt der Vorarlberger Holzbautechnik gilt.

Bedingt durch ihre spezifische Abbildtechnik verwischen auf den Fotos die Ränder, weswegen man optisch eine Art Nachbild vergangener Zeiten erhält. Der "sozial- ästhetischen Verödung", die durch das Verschwinden modernistischer Bauten droht, wollen Alekos Hofstetter & Florian Göpfert etwas entgegensetzen: Im Rahmen ihres Werkzyklus Tannhäuser Tor entwerfen sie "Kultstätten" für Klassiker der Moderne, die bei ihnen nicht in urbaner Umgebung stehen, sondern in Naturlandschaften "eingepflanzt" sind.

Hofstetter und Göpfert geht es dabei um eine mögliche Neubewertung und ideelle Erhöhung, obwohl man angesichts ihrer Zeichnungen auch ganz reale Anlagen der Moderne – etwa an Kroatiens Küste – vor Augen hat.

Detailreicher und etwas skeptischer näherten sich Gary Farrelly und Dirk Krecker der ästhetischen Seite der Moderne an: Farrelly konterkariert etwa das Repräsentative modernistischer Bauten, indem er Abbildungen auf Postkarten mit zarten Rastern bestickt, und Krecker hat mit einer Schreibmaschine Löcher in weiße Blätter gestanzt. Das Ergebnis dieser sichtlich anstrengenden Tätigkeit sind brüchige Gewebe, die an komplexe urbane Strukturen genauso erinnern wie an einen Overload digitaler Informationen, der nicht mehr bewältigbar ist.

Während Kreckers Typwriter Drawings zudem vage an filmische Kulissen erinnern, zitiert die Malerin Christine Weber ganz konkrete Szenen der Moderne im Film. Sie bedient sich der Klassiker von Godard oder auch der Filme von Tarantino. Die Tapetenmuster, das Sofa und auch die blonde Frau haben einen hohen Wiedererkennungswert. Ihr Kommentar zur Moderne bleibt damit eher flach. (Christa Benzer, Album, 13.8.2016)