Wien – Wenn Peter Kühnberger auf seinem Fahrrad sitzt und durch Wien fährt, fühlt er sich "frei". Anstatt eines Gepäckträgers ist ein Tandemaufsatz für seinen fünfjährigen Sohn Simon an der Hinterseite seines Zweiräders angebracht. Der Kleine tritt fleißig mit, wenn die beiden durch Döbling radeln. Allerdings gibt es ein Problem: Die Infrastruktur sei für Radfahrer sehr schlecht. "Ich wollte etwa mit meinen Jungs auf die Donauinsel fahren. Von unserem Zuhause ging das nicht über durchgehende Radverbindungen", erzählt Kühnberger. Es muss also auf die Fahrbahn der Autos ausgewichen werden. Der Ausflug gab für Kühnberger letztlich den Ausschlag, um selbst aktiv zu werden.

derStandard.at

Seit drei Jahren engagiert sich der Vater dreier Söhne nun bei der Initiative "Radeln in Döbling" und setzt sich für eine Verbesserung der Infrastruktur für Radler ein. Begonnen hat die Gruppe mit fünf Mitgliedern. Mittlerweile beteiligen sich zwischen 15 und 20 Menschen regelmäßig an der Lobbyingarbeit. Mit Flugblattaktionen und Radbefahrungen soll auf die Lage im siebentgrößten Bezirk Wiens aufmerksam gemacht werden. Bei Treffen mit Bezirkspolitiker wurden die Anliegen bereits eingebracht und diskutiert. "Langsam horcht die Bezirksvertretung auf und merkt immer mehr, dass es Interessengruppen gibt, für die sie in den letzten Jahren und Jahrzenten nicht viel gemacht haben."

Sicher aus dem Bezirk raus

Ganz oben auf der Agenda? "Am wichtigsten wäre es, dass durchgehende sichere Radwege von hier zum Donaukanal geschaffen werden und die einzelnen Bezirksteile gut angebunden werden." Von den 1270 Kilometern an Radwegen in Wien, die die Studie "Bezirke im Fokus" der Stadtregierung anführt, entfallen nur 45 Kilometer auf Döbling. Dem gegenüber stehen 133 Hektar an Fahrbahn von insgesamt 2350 Hektar in der Hauptstadt.

Im Neunzehnten sei das Radfahren gerade für Kinder gefährlich. Peter Kühnberger setzt sich daher bei der Initiative "Radeln für Döbling" für sicheres Radfahren ein.
Foto: Maria von Usslar

Dazu kommt die Forderung nach mehr Radabstellplätzen und der Öffnung von Einbahnen für Radfahrer. Aber auch spezielle Kreuzungen stehen im Fokus der Gruppe. So brauche es eine sichere Verbindung zwischen Krottenbach- und Billrothstraße. Am Hirschenbergl solle dafür eine von Fußgängern unabhängige Radverkehrsanlage geschaffen werden. Der Radverkehr in der Heiligenstädter Straße bräuchte ein "durchgängiges Konzept", da man etwa vom Radweg am Gürtel gar nicht in die befahrene Straße komme.

Mehr als 400 Unterschriften

Insgesamt 19 Maßnahmen stehen auf der Liste, die die Gruppe gemeinsam mit Stadtplanern aufgestellt hat. Mehr als 400 Unterschriften hat sie im Bezirk dafür gesammelt und diese den Parteien in der Bezirksvertretung übergeben. Die Verbesserung der Wege in die Stadt soll es mehr Menschen möglich machen, sicher im Neunzehnten auf zwei Räder umzusteigen. "Wir leben in einem dicht bebauten Bezirk mit einer historischen Struktur. Die Straßen sind nicht beliebig erweiterbar", sagt Kühnberger.

Gerade die Wege ins Stadtzentrum seien morgens verstopft – es komme zu Staus. "Das ist keine Lebensqualität, wenn alle Straßen mit Autos zugeparkt sind und qualmen." Dann also lieber das Rad. Von anderen Bezirksbewohnern hätte er Ähnliches gehört, durch die unsicheren Wege würden viele den Umstieg aber nicht wagen. Ein Auto hat die Familie Kühnberger aber trotzdem. Allerdings steht es meist herum und wird nur selten ausgeparkt.

Es fehle ein einheitliches Radwegkonzept in Dölbling.
Foto: Maria von Usslar

Kühnbergers Städte-Vorbild in Europa? Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt habe sich als eine der ersten für eine "gesunde und sichere Stadtentwicklung für Fußgänger und Radfahrer entschieden". Der Copenhagen-Index reiht jedes Jahr Großstädte auf der ganzen Welt nach ihrer Fahrradtauglichkeit. Dabei erreicht Wien 2015 Platz 16. (Oona Kroisleitner, Maria von Usslar, 19.8.2016)