Vorräte wie für einen zweiwöchigen Campingurlaub sollte jeder daheim haben.

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Wien – Theoretisch sollte Österreich auf jegliche Art von Katastrophen gut vorbereitet sein – das war der Grundgedanke des in den 1970er-Jahren entwickelten Konzepts der Umfassenden Landesverteidigung (ULV).

Die steht sogar in der Verfassung – was dem Sicherheitsexperten Herbert Saurugg allenfalls ein müdes Lächeln entlockt: "Umfassende Sicherheitsvorsorge gibt es bei uns nur auf dem Papier."

Autarkie bei der Grundversorgung kein Thema

Was als wirtschaftliche und zivile Landesverteidigung geplant war, sollte Österreich im Falle einer internationalen Krise (bei der Energie- und sonstiger internationaler Handel unterbrochen wären) oder gar eines Krieges in der Nachbarschaft eine gewisse Autarkie sichern. Aber mit Ende des Kalten Krieges verlor die Politik (und sogar ein Großteil des Militärs) das Interesse am Thema.

Saurugg, der selbst karenzierter Major des Bundesheers ist, hält das für äußerst bedenklich: "Dabei ist nicht entscheidend, ob es (angeblich) irgendwo einen Krisenplan gibt, sondern ob die Bevölkerung in der Lage wäre, damit umzugehen, was derzeit eindeutig mit Nein beantwortet werden muss."

Während in Deutschland Zivilschutz derzeit zum Thema wird – die Bundesregierung soll am Mittwoch dieser Woche eine "Konzeption zivile Verteidigung" beschließen –, wurden Österreichs vorhandene Konzepte nie richtig populär. Und sie wurden auch nicht an die Bedrohungslage angepasst.

Blackout als Worst-Case-Szenario

Zwar wurde der – unter anderem zum Schutz vor radioaktivem Fallout gedachte – Grundschutzraum aus den Bauordnungen der Bundesländer gestrichen. Die aktuell wahrscheinlich größte Bedrohung jedoch – ein Blackout, bei dem vom Licht bis zum (Tief-)Kühlschrank, vom Handynetz bis zur Pumpe an der Tankstelle alles ausfallen würde – findet laut Sauruggs Analyse viel zu wenig Beachtung.

Schon ein dreistündiger Stromausfall kann katastrophale Folgen haben, wie ein entsprechendes Ereignis in einer Glasfabrik in Kremsmünster gezeigt hat. Die Feuerwehr konnte das Schlimmste – Austritt der Glasschmelze – verhindern, bei einem flächendeckenden Blackout wären aber große Teile der Bevölkerung auf sich gestellt.

Gefahren sind den Bürgern nicht bewusst

Saurugg zum STANDARD: "Es fehlt das Bewusstsein hinsichtlich der Gefahren." So wäre es bei einem Blackout vielleicht tagelang nicht möglich, einkaufen zu gehen, weil die Supermärkte nicht öffnen können. Die Bevölkerung hätte wahrscheinlich keine Chance, Hamsterkäufe zu tätigen – oder, noch schlimmer, es käme zu unkontrollierten Plünderungen. Besonders bedenklich sei, dass etwa 60 Prozent der Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette offenbar kein konkretes Risiko- und Krisenmanagement implementiert haben, um im Falle eines längeren Strom- und Infrastrukturausfalls ihre Produktionsanlagen in einen sicheren Zustand herunterfahren zu können, um danach wieder möglichst rasch hochfahren zu können.

Da könne weder Bundesheer (das seine eigene Bedrohungslage für den Fall eines Blackouts immer wieder analysiert, ohne alle Probleme gelöst zu haben) noch die Feuerwehr helfen.

Besser vorsorgen als hamstern

Zur persönlichen Vorsorge – welche die Grundlage dafür ist, eventuell auch anderen helfen zu können – gehört die Vorratshaltung daheim: "Am besten hat man alles daheim, was man auf einen zweiwöchigen Campingurlaub mitnehmen würde – Konserven, Nudeln und Reis lassen sich leicht einlagern." Man müsse die Sachen aber auch regelmäßig verbrauchen und wieder nachkaufen.

Eine gute Nachricht hat Saurugg für die Wiener: Auch im Falle eines Blackouts würde die gute alte Hochquellwasserleitung (die ohne elektrische Pumpen funktioniert) in den meisten Stadtteilen Trinkwasser liefern. Dennoch sollte man einen gewissen Vorrat an Trink- oder Mineralwasser (Wein- und Biervorräte zählen da nicht) daheim vorrätig haben. (Conrad Seidl, 23.8.2016)