Nizza – Fotos von einer Polizeikontrolle am Strand von Nizza haben die Debatte um Burkini-Verbote in Frankreich angeheizt. In den sozialen Netzwerken sorgten zunächst in britischen Medien veröffentlichte Fotos, auf denen eine Frau vor den Augen von vier Polizisten ihr langes Oberteil auszieht, am Mittwoch für einen Sturm der Entrüstung.

Zu sehen ist auf den Bildern, wie vier Angehörige der städtischen Polizei eine Frau umringen, die mit Leggings, einem langen türkisfarbenen Oberteil und mit einem um den Kopf gewickelten Tuch am Strand der südfranzösischen Stadt liegt – einen Burkini trägt sie nicht. Dann zieht die Frau das türkisfarbene Oberteil aus, unter dem sie noch ein ärmelfreies Oberteil trägt.

Debatte auf Twitter

Unklar ist, ob die Polizisten die Frau zuvor aufgefordert hatten, das lange Oberteil auszuziehen, wie britische Medien es darstellen. Auf Twitter gab es trotzdem umgehend empörte Reaktionen: "Sie wollen ihr ihre Kleidung wegnehmen", schrieb der Vorsitzende des Kollektivs gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich, Marwan Muhammad.

Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, sprach von einem "Gipfel der Absurdität". Hollywood-Star Susan Sarandon schrieb auf Twitter: "Französische Polizisten setzen das Burkini-Verbot durch, indem sie eine Mutter zwingen, ihre muslimische Kleidung auszuziehen."

Muslimische Badebekleidung sei Provokation

Der Vorfall am Strand von Nizza ereignete sich nahe des Ortes, an dem ein mutmaßlicher Islamist am 14. Juli mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast war und 86 Menschen getötet hatte. Nach dem Anschlag haben zahlreiche französische Urlaubsorte, darunter Cannes und Nizza, das Tragen des umstrittenen Ganzkörperbadeanzugs Burkini an ihren Stränden verboten.

Zur Begründung wird auf die angespannte Stimmung in Frankreich verwiesen: Muslimische Badebekleidung könne als offen zur Schau gestelltes religiöses Symbol als Provokation empfunden werden und zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen. KritikerInnen verurteilen die Maßnahme als überzogen und islamfeindlich.

Geldstrafen für Kopftuch am Strand

Der Burkini – eine Wortschöpfung aus Burka und Bikini – bedeckt den ganzen Körper und wird von muslimischen Frauen getragen, die beim Baden einer strengen Auslegung des Islam entsprechen wollen. Der Burkini wird in den Dekreten der BürgermeisterInnen nicht namentlich genannt. Vielmehr wird Frauen der Zugang zum Strand untersagt, die "keine korrekte Kleidung tragen, die die guten Sitten und die Laizität respektiert sowie die Hygiene- und Sicherheitsregeln beim Baden achtet".

Seit Verhängung der Burkini-Verbote sind bereits gegen mehrere Frauen Geldstrafen verhängt worden. Die französische Menschenrechtsliga hat mit 16 dieser Frauen gesprochen – und gibt an, dass keine von ihnen einen Burkini getragen habe, sondern ein Kopftuch.

Gleiches gilt für die Frau, deren Polizeikontrolle am Mittwoch für Aufregung sorgte. Das Rathaus von Nizza konnte zunächst nicht sagen, ob sie wegen ihrer Kleidung einen Geldstrafbescheid erhielt, wie es die Fotos nahelegen. (APA, 24.8.2016)