Die Ohr-Skulptur von Johann Garber vor dem Wiener Funkhaus – von dem sich der nächste Radiodirektor samt Belegschaft verabschieden muss.

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Wien – In zwei Wochen endet die Bewerbungsfrist für die ORF-Direktoren und Landesdirektoren ab 2017. Für die Radiodirektion kommen eigentlich nur drei Kandidaten infrage. Alle drei sind bisher für Auskünfte über eine Bewerbung (oder einen Verzicht) nicht zu sprechen. Und für alle drei spricht einiges, und nicht allein ihr Können.

Hü und Hott

Einer der Radio-Senderchefs des ORF soll die Funktion des Radiodirektors auf Zeit übernehmen, bis Ö3 und die Funkhausbelegschaft gegen 2020 auf den Küniglberg zieht. Das soll Kosten für einen eigenen Direktor sparen, was etwa Neos-Stiftungsrat Hans Peter Haselsteiners Vorstellungen für den ORF entgegenkommen soll. Dass es vorerst dennoch einen Direktor fürs Radio gibt, wenn auch in Teilzeit, kommt wiederum wohl dem bis 2015 langjährigen Radio-Betriebsrat Gerhard Moser zupass, der weiter Zentralbetriebsratschef des ORF ist. Haselsteiner wie Moser stimmten am 9. August für Wrabetz' dritte Amtszeit als ORF-General.

Gleich nach der Wahl verkündete der alte neue ORF-Chef sein Doppeljob-Modell fürs Radio. Wenn er nicht noch einen Senderchef einwechselt, kommen der inzwischen fix bestellte* Ö1-Chef Peter Klein, Ö3-Chef Georg Spatt und FM4-Chefin Monika Eigensperger in Betracht.

Langzeitmanager mit Funkhaus-Malus

Spatt führt Ö3 schon sehr lange und mit einigem Erfolg, der Popsender ist eine der wichtigsten finanziellen Stützen des gesamten ORF, jedenfalls des ORF-Radios mit rund 56 Millionen Euro Werbeeinahmen pro Jahr – bei relativ überschaubaren Kosten.

Seit 2001 ist Spatt Ö3-Chef, und er würde sich vielleicht einer neuen, zusätzlichen Herausforderung gar nicht ungern stellen, sagen Menschen, die ihn gut kennen. Allerdings: Wenn der Radiodirektor – wie zu erwarten – vor allem die Funkhausmannschaft schonend und geordnet auf den Umzug vorbereiten soll, dann hat Spatt wohl die schlechtesten Karten: Ö3 ist seit den 1990ern als eigenständiges Biotop ausgelagert nach Wien-Heiligenstadt, wohl auch ein Erfolgsbestandteil beim Neustart, als private Konkurrenz loslegen durfte. Vertraute meinen: Es ist noch offen, ob sich Spatt für den Radiodirektorenjob bewirbt.

Ö1, Funkhaus – und Alter

In Sachen Funkhaus kann Peter Klein punkten, jedenfalls bei der Belegschaft: Mit einer dramatischen Warnung vor einer drohenden Zerstörung von Ö1 durch die Übersiedelung auf den Küniglberg wandte er sich Ende 2014 an die Stiftungsräte. Die Räte und der General zeigten sich damals eher irritiert über Kleins Appell.

Das Ö1-Gewächs hat einen zweiten Vorteil, wenn es um einen Direktionsjob auf Zeit geht: Klein ist 1953 geboren und würde wohl in einem überschaubaren Zeitraum in Pension gehen. Dann könnte es keinen Radiodirektor mehr brauchen, der Job als Ö1-Chefs indes dürfte durchaus manch Interessenten finden.

Change-Erfahrung

Kandidatin Nummer drei hat den einen oder anderen Bonus ihrer Kollegen ebenfalls. Und sie hat Erfahrung, wie man Mannschaften geordnet unter einen Hut bringt, die zunächst einmal gar nicht miteinander wollen oder können: FM4 übernahm in zwei großen Schritten die Frequenz des ebenso alten wie eingesessenen Blue Danube Radio – das darob nicht sofort begeisterte Team des Evergreensenders musste in die damals recht junge und womöglich etwas wilde, jedenfalls neue FM4-Mannschaft integriert werden.

Eigensperger leitet den ORF-Jugendsender seit 1996, davor war sie stellvertretende Ö3-Chefin, begonnen hat sie dort in der Serviceredaktion und als Sendungsgestalterin bei Ö3 und Ö1. Auch sie wollte sich auf STANDARD-Anfrage nicht zu einer allfälligen Bewerbung für die Radiodirektion äußern.

Funkhaus-Tipp

Im Funkhaus und an anderen ORF-Knotenpunkten wird Eigensperger derzeit am höchsten gehandelt – auch das muss noch nichts heißen.

Wrabetz hat mehr Frauen in der ORF-Führung angekündigt. Wenn wie erwartet eine externe Kandidatin für die Finanzdirektion kommt, Kathrin Zechner, ob als TV- oder als Programmdirektorin, bleibt, und Eigensperger die Radiodirektion übernähme, wären Frauen in der ORF-Direktion erstmals in der Überzahl. Mit einem Technikdirektor Michael Götzhaber ergäbe das womöglich eine interessante Konstellation.

Kommende Woche kommt ORF-Chef Wrabetz aus dem Urlaub zurück, am 15. September wird der Stiftungsrat über seinen Vorschlag für die Direktoren und die Landesdirektoren ab 2017 abstimmen. Und zwar nach bisherigen Ankündigungen, entgegen langjährigem Küniglberg-Brauch, nicht im Paket, sondern einzeln. (Harald Fidler, 26.8.2016)