Kernwaffentest auf Mururoa in Französisch-Polynesien 1971.

Foto: APA/AFP/AFP PHOTO

Kapstadt – Das gegenwärtige Erdzeitalter dürfte offiziell einen neuen Namen erhalten: das Anthropozän, also das Zeitalter, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Faktoren für die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse der Erde geworden ist. Eine zur Prüfung dieser Frage eingesetzte Arbeitsgruppe der Internationalen stratigrafischen Kommission (ICS) plädierte am Montag auf dem Internationalen Geologischen Kongress in Kapstadt mit überwältigender Mehrheit dafür, den Terminus einzuführen.

Grund dafür sei der beispiellose und dauerhafte Einfluss des Menschen auf die Erde. Während dieser Einfluss unter seriösen Wissenschaftern außer Frage steht, wurde die Einführung eines neuen "Erdzeitalters der Menschheit" in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert.

Neue Ära seit Mitte des 20. Jahrhunderts

Geologen teilen die Erdgeschichte in Zeitalter ein. Demnach leben wir derzeit im Holozän, das vor knapp 11.700 Jahren mit der Erwärmung der Erde am Ende des Pleistozäns begann. Die 35-köpfige Arbeitsgruppe plädiert nun jedoch mit 34 Stimmen bei einer Enthaltung dafür, dass das Holozän bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts beendet ist und ab dann von einem neuen Zeitalter gesprochen werden muss. Bis das Anthropozän nun tatsächlich in die geologische Zeitskala übernommen wird, dürften aber noch einige Jahre vergehen.

Zu den nachhaltigen Veränderungen durch den Menschen zählen neben dem Klimawandel etwa die großräumigen Veränderungen der Kreisläufe von Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor, die Verbreitung von Plastik, Aluminium, Beton, Flugasche und radioaktivem Niederschlag sowie die Dezimierung der Arten und der Ozonschicht. "Viele dieser Veränderungen sind geologisch dauerhaft und manche sind praktisch unumkehrbar", schrieb die Arbeitsgruppe.

Geprägt wurde der Begriff Anthropozän im Jahr 2000 von dem US-Biologen Eugene Stoermer und dem niederländischen Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen. Im Interview mit dem STANDARD 2011 beschrieb Crutzen das Anthropozän als "jenes Erdzeitalter, in dem die Einwirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt eine Dimension erreicht haben, die mit natürlichen Einflüssen vergleichbar ist". (APA, red, 29. 8. 2016)