Dieses Selbstbildnis malte Arnold Clementschitsch 1946/47.

Foto: MMKK / Martina Gabriel

Klagenfurt/Nötsch – Arnold Clementschitsch (1887-1970) wird in diesem Jahr im Kärntner Ausstellungsbetrieb erstaunlich viel Aufmerksamkeit zuteil. Das Kärntner Museum Moderner Kunst (MMKK) in Klagenfurt widmet dem Künstler seine Sommerschau, im Museum des Nötscher Kreises im Gailtal werden unter dem Titel Positionen neben die Hausheiligen auch exemplarische Werke von Randerscheinungen dieser Malergruppe wie eben Clementschitsch gestellt, und im Kunst Raum Villach geht die Urgroßenkelin des Kleinmeisters gar den künstlerischen Bestrebungen der Familie Clementschitsch bis ins 18. Jahrhundert nach. Das ist insofern berechtigt, als Clementschitsch, wie Kunst-Raum-Betreiberin Olivia Clementschitsch erzählt, durch das Nachzeichnen der in seinem Elternhaus befindlichen (recht konventionellen) Porträts seines Urgroßonkels Giovanni Bellina zur Malerei gefunden haben soll.

Im MMKK weisen einige Gemälde von strahlendem Kolorit, etwa Das Urteil des Paris (um 1920), Der Poloreiter (1932) und das Porträt von Alban Berg mit Zigarette (1933) Clementschitsch als hochbegabten Adepten des österreichischen Spätexpressionismus aus. Auch die in Nötsch gezeigte sehr schöne Straßenszene Der schwarze Hund von 1921 gehört hierher. Viele der Werke um 1930 sind offenbar inspiriert von Herbert Boeckl, mit dem Clementschitsch ab 1928 das Wiener Atelier teilte. Darüber hinaus auffallend ist eine gewisse Originalität der Komposition, die allerdings fast immer auch ein wenig linkisch wirkt, wie die Personengruppe auf einem Sprungturm am linken Oberrand des Bildes Bruder Otto am Lido (um 1920). Bald aber umfasst die Aufmerksamkeit ein Detail, an dem Clementschitsch sich durchschaubar abmüht, im Fall des Plakatmotivs der MMKK-Schau einfach das Gesäß der Badenden Am Lido (1941). Was für ein Kriegsbild!

Weder in Nötsch noch in Klagenfurt wird jedoch das biografische Drama des Künstlers erwähnt. Man muss ja nicht seine in Öl und Grafik ausgeführten Hitler-Porträts zeigen, die er in der NS-Zeit der Parteizentrale in Wien zum Kauf angeboten hat. Jeder versteht, dass man, um Frau und Sohn zu ernähren, zum Besucher von Parteiveranstaltungen werden konnte. Der einleitende biografische Text im MMKK überspringt die finsteren Jahre allerdings komplett. Das lässt zwangsläufig auch den offenkundigen Stilbruch im Dunkeln, der das künstlerisch erstaunlich unambitionierte Nachkriegsschaffen prägt. Hier bleibt, ungeachtet des prächtigen Werkkatalogs, den das MMKK zum Anlass publiziert hat, ausstellungsmäßig noch etwas zu ergänzen. (Michael Cerha, 29.8.2016)