An schönen Aussichten mangelt es in Pfafflar nicht. Allein die Zukunftsperspektive fehlt Bürgermeister Bernd Huber.

Foto: Franz Oss

Innsbruck – Bernd Hubers Amtsverständnis als Bürgermeister ist unkonventionell: "Ich bin keiner, der etwas aufgibt, außer es ist echt tot." Auch der Ort, dem er seit 2004 vorsteht, die Gemeinde Pfafflar im Bschlabertal in Tirol, ist alles außer gewöhnlich. 112 Einwohner zählen die drei im Tal versprengten Weiler nördlich von Imst. Noch, denn die Abwanderung ist unaufhaltsam. Als Huber mit 23 Jahren zum jüngsten Bürgermeister Österreichs gewählt wurde, war sein Tatendrang groß. Er wollte das langsame Sterben seines Heimatortes stoppen – mit einer Breitbandinternetoffensive und mit der Initiative "Mein Pfafflar", die Zukunftsvisionen für das entlegene Fleckchen entwarf.

"Kleingemeinden werden zum Spielball der Städte"

Doch die Euphorie ist verflogen. "Ich habe in meinen ersten beiden Amtsperioden gelernt, was alles nicht geht." Die Gemeindeaufsicht habe ihm sehr schnell klargemacht, "was meine Aufgaben sind und was eben nicht". Als Vorsteher einer Kleinstgemeinde sieht er sich gegenüber Ballungsräumen klar im Nachteil: "Wir werden immer mehr zum Spielball der Städte. Weil dort mehr Menschen leben, wird dort entschieden."

Trotzdem kandidierte Huber für eine dritte Amtszeit. Als – erneut – einziger Kandidat. "Es war schwer, überhaupt eine Liste zusammenzubekommen." Parteigrenzen sind bei 87 Wahlberechtigten hinfällig. "Ich habe Grüne und Blaue in meinem Team." Bei der Gemeinderatswahl im Frühjahr 2016 konnte er 53 Stimmen für sich verbuchen. "Würden mich die Leute nicht wollen, hätten sie auch ungültig wählen können. Das haben aber nur acht getan", fühlt er sich im Amt bestätigt. Mit über 70 Prozent war die Wahlbeteiligung trotz mangelnder Wahloptionen überraschend hoch. Zum Vergleich: Bei der Bundespräsidentschaftswahl schritt nur die Hälfte der Pfafflarer zur Urne. Mehr als 80 Prozent stimmten bei der Stichwahl für Alexander Van der Bellen.

Hübsche Grundstücke, aber keine Investoren

Viel Gestaltungsspielraum hat Huber als Bürgermeister nicht. Der Erhalt der Infrastruktur ist seine Hauptaufgabe. "3.300 Hektar Fläche bedeuten ein großes Wasser- und Wegenetz." Das Thema Gemeindefusion hält er dennoch für "politisch sinnlos". Man kooperiere ohnehin mit den Nachbarn. Vorderhornbach erledigt etwa die Buchhaltung von Pfafflar. Die Schule musste Huber vor drei Jahren mangels Kindern schließen. Die verbliebenen besuchen den Unterricht im Nachbarort. "Dadurch ist uns leider der Arbeitsplatz der Lehrerin verlorengegangen." Selbst Grundstückspreise von 15 Euro pro Quadratmeter – erschlossen und in schönster Sonnenhanglage – vermögen das Abwandern im Bschlabertal nicht zu stoppen. Es findet sich nämlich kein Wohnbauträger, der hier investieren will.

Tourismus soll es richten

In seiner dritten Amtszeit setzt Huber auf den Tourismus. "Ich habe eine Hütte geerbt, renoviert und vermiete sie." Wurde er dafür im Ort anfangs belächelt, kann er sich nun vor Anfragen kaum retten: "Ich bin 48 Wochenenden im Jahr ausgebucht." Viele im Ort besitzen eine Almhütte, und sie wollen nun, dass Huber sie vermietet. Dafür hat er eigens eine Firma gegründet.

Erholungsuchende will er anlocken: "Wir haben nicht viel hier, aber wir haben die Ruhe." Derzeit stehen zwar nur knapp 40 Betten zur Verfügung, "aber eine Bekannte hat grade zwei Chalets gebaut, zum Vermieten". Investitionen sind in Pfafflar selten. Dabei wäre Potenzial für Betten vorhanden, stehen doch 60 der 100 Häuser im Ort leer. Und die potenziellen Gäste hat der Bürgermeister auch schon gefunden: "Im süddeutschen Raum leben 25 Millionen Menschen." Diese will Huber ins Bschlabertal locken. Denn noch lebt Pfafflar. (Steffen Arora, 30.8.2016)