Bild nicht mehr verfügbar.

Die italienische Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin erklärte den 22. September zum "Fruchtbarkeitstag" und stieß auf heftigen Protest.

Foto: AP/Geert Vanden Wijngaert

Rom – Eine Kampagne des italienischen Gesundheitsministeriums zur Geburtenförderung hat eine hitzige Diskussion in Italien ausgelöst. Im Rahmen der Kampagne wurden in Medien Werbungen geschaltet, mit denen junge Italienerinnen animiert werden, Kinder zur Welt zu bringen.

"Schönheit bleibt, Fruchtbarkeit nicht"

"Junge Eltern, der beste Weg, kreativ zu sein!" oder "Beeile dich, warte nicht auf den Storch!" ist auf einem Plakat zu lesen, mit dem junge Frauen aufgerufen werden, mit einer Schwangerschaft nicht zu lange zu warten. "Schönheit bleibt, Fruchtbarkeit nicht" wird im Rahmen der Kampagne auf die "biologische Uhr" der Frauen hingewiesen.

Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin erklärte den 22. September zum "Fruchtbarkeitstag". An diesem Tag sollen hochkarätige Konferenzen zum Thema Fortpflanzung organisiert werden. "Unser Ziel ist, die Öffentlichkeit für das Problem der Unfruchtbarkeit zu sensibilisieren, die bereits viele Paare betrifft. Wir finanzieren keine Kampagne für Geburten, sondern zur Bekämpfung der Unfruchtbarkeit, das ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt und sowohl Männer wie auch Frauen betrifft", kommentierte die Ministerin.

Affront für unfruchtbare Paare

Lorenzins Kampagne stieß auf heftigen Protest. Sie sei ein Affront für viele unfruchtbare Paare und für Menschen, die wegen Beschäftigungsproblemen keine Familie gründen können, kritisierte der Schriftsteller und Journalist Roberto Saviano ("Gomorrha"). Frauenverbände unterstellten Lorenzin indirekte Vorwürfe gegenüber Frauen, die sich freiwillig für die Kinderlosigkeit entschieden haben.

Lorenzins Initiative erinnere an Kampagnen des faschistischen Regimes Benito Mussolinis für mehr Geburten in Italien. Premier Matteo Renzi kritisierte die Kampagne als nutzlos. Der Regierungschef erklärte, das Gesundheitsministerium habe ihn nicht über die Initiative informiert.

Daraufhin machte Lorenzin einen Rückzieher. "Es tut mir leid, dass die Werbekampagne auf Kritik gestoßen ist. Ich bleibe jedoch der Ansicht, dass Unfruchtbarkeit ein gesundheitliches Problem für Italien ist, das bekämpft werden muss", berichtete die Ministerin, die selber erst im vergangenen Jahr Alter von 43 Jahren Mutter von Zwillingen geworden ist.

Geburtenrate im Rekordtief

Rückendeckung erhielt die Ministerin vom Verband der Kinderärzte. "Wir kennen das Leid der Menschen, die keine Kinder bekommen können, oft auch, weil sie zu lange eine Schwangerschaft hinausgeschoben haben", hieß es.

In Italien ist die Geburtenrate in den Krisenjahren auf ein weltweites Rekordtief gesunken. 2015 sank die Zahl der Neugeborenen erstmals unter die Schwelle von 500.000, was einem Rückgang von 17.000 gegenüber 2014 entspricht. Es war das fünfte Jahr infolge mit einem Rückgang bei der Geburtenrate. Jede italienische Frau hat im Durchschnitt 1,35 Kinder und ist bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich 31,6 Jahre alt. Die Regierung Renzi will mit einer Verdoppelung der sogenannten "Baby-Prämie" mehr Geburten fördern. (APA, 2.9.2016)