Man möchte sich gar nicht vorstellen, wie die Landtagswahl am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern ausgehen könnte, wäre die deutsche Regierung am Freitag ganz klar auf Distanz zu jener Resolution des Bundestags gegangen, die die Gräueltaten an den Armeniern als "Völkermord" einstuft. Vermutlich hätte die Alternative für Deutschland (AfD) unter Begleitrufen wie "Merkel kuscht vor Erdogan" die Absolute eingefahren.

Nicht weniger schrecklich als die AfD ist für Merkel allerdings Erdogan, der die Resolution als Affront sieht und dafür den deutschen Bundestag bestraft, indem er dessen Abgeordnete nicht zu den Bundeswehrsoldaten am Nato-Luftwaffenstützpunkt Incirlik lässt. In dieser Zwickmühle hat sich Merkel für ein bisschen Kotau entschieden: selbstverständlich keine Distanzierung vom Bundestag, das wäre untragbar gewesen. Aber eine Klarstellung, dass das Votum ja nicht rechtlich bindend sei. Danke für die Information, aber das war eigentlich schon bekannt.

Natürlich ist Diplomatie oft ein Weg der sehr kleinen und mühsamen Schritte, während man gleichzeitig lieber die Boxhandschuhe auspacken möchte. Und: Nein, es wäre unklug, Erdogan völlig zu verprellen. Aber der Eiertanz der Regierung ist wahrlich kein Ruhmesblatt. Eines sollte nun auf jeden Fall klar sein: Die Bundestagsabgeordneten, die über den Einsatz der Bundeswehr im Ausland entscheiden, müssen jetzt endlich nach Incirlik reisen können. (Birgit Baumann, 2.9.2016)