Das Verhältnis der Österreicher zu Bio ist ein amouröses.

Foto: apa/Marc Müller

Wien – Bio ist längst nicht mehr bloß die nüchterne Bezeichnung für biologisch hergestellte Güter, sondern inzwischen zum Inbegriff eines Lebensstils geworden. Weil die Tiere glücklicher sind? Weil das Wetter auf Biobauernhöfen besser ist? Während Supermarktkunden mit ungebrochenem Interesse bei Obst, Gemüse & Co mit der Ausschilderung "Bio" zuschlagen, führt die biologisch zertifizierte Gastronomie ein Schattendasein. Oder, wie Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, es bei der Präsentation einer aktuellen Studie etwas liebevoller und diplomatischer nennt: "In der Gastronomie ist Bio noch ein zartes Pflänzchen." Die Österreicher würden ja gern, aber es mangelt am Angebot: Magere zwei Prozent der im Gastronomie-Großhandel gekauften Lebensmittel stammen aus biologischer Landwirtschaft. Das verdutzt.

Dennoch: Das Verhältnis zu Bio habe in Österreich – das sei im Vergleich zu anderen Ländern einzigartig und tatsächlich ein österreichisches Spezifikum – etwas von einer Liebesbeziehung und sei längst Mainstream, so Blass weiter. Das gelte jedoch nur für den Eigenbedarf und schließe den Außer-Haus-Konsum nahezu aus.

Sich selbst etwas Gutes tun

Für den Lebensmittelhandel ist Bio mittlerweile zum unverzichtbaren und lukrativen Segment geworden: Acht Prozent der Ausgaben entfallen auf Frischeprodukte. Im vergangenen Jahr gab ein Haushalt dafür im Schnitt 120 Euro aus, das heißt, 2015 wanderten Bioprodukte im Wert von 425 Millionen Euro über die Ladentische (2014: 402 Millionen, 2013: 365 Millionen). Auch der Wert für das erste Halbjahr 2016 (234 Millionen) lässt darauf schließen, dass die Tendenz unvermindert anhält.

Die Bio-Frontrunner sind seit Jahren dieselben: Eier, Milch, Gemüse, Kartoffeln, Butter und Obst. Das Nachsehen haben Fleisch, Geflügel, Wurst.

Die Studie untersuchte auch die Motive für den Bioeinkauf. Kauften – zumeist Jüngere – Bioprodukte vor wenigen Jahren noch aus sozialkritischen Gründen, so stehe heute das Ego-Motiv im Vordergrund, so Beatrix Brauner, Studienleiterin von Sensor Marktforschung. Um sich selbst etwas Gutes zu tun, werde nach hochqualitativer Ware gegriffen – Massenproduktion, nein danke. Die Befragten gaben außerdem an, Bio schmecke einfach besser.

Hürden für die Gastronomie

Für den Gastronomen selbst scheinen die Voraussetzungen erst einmal gut: Fast jeder, der ein Biolokal eröffne, würde die Entscheidung aus persönlicher Überzeugung in Bezug auf die Produkte treffen und – so lautet jedenfalls das Ergebnis der Befragung – nicht, um einem Trend nachzujagen.

Wären da nicht die Hürden: Bio zu sein verlangt von den Wirten mehr als die Verarbeitung biologischer Zutaten. Bio sei ein Gesamtkonzept, bestehend aus Transparenz, Regionalität, persönlichem Kennen der Lieferanten und individueller Handarbeit, so Brenner. Weitere Herausforderungen sind Bürokratie und Kosten für eine Zertifizierung, der aufwendige Einkauf, höhere Kosten für die Rohstoffe sowie die Preisgestaltung für die Kunden.

Dennoch wünschten sich die Konsumenten mehr Bioangebote in der Gastronomie. Luft nach oben gebe es. Brenner nennt es so: "Für bioaffine Konsumenten ist die Gastronomie derzeit noch eine Angebotswüste." (Sigrid Schamall, 7.9.2016)