Wien – Die Gestik sowie die Stimme von Politikern haben erstaunlich großen Einfluss auf die Einschätzung ihrer Persönlichkeit, wie österreichische Forscher in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt herausfanden. Untersucht wurde das mittels verschiedener kurzer Videos, bei denen teilweise nur der Ton zu hören war oder die Personen als Strichmännchen dargestellt waren.

"Gerade heutzutage, wo wir Politiker meist in kurzen Clips im TV oder auf dem Smartphone sehen, treten Inhalte in den Hintergrund. Im Informationsstrom greift man für die Eindrucksbildung zu schnell wahrnehmbaren nonverbalen Signalen wie Bewegungsmuster", erklärte der am Netherlands Institute for Advanced Study (NIAS) in Amsterdam tätige Anthropologe Markus Koppensteiner am Montag in einer Aussendung des FWF. Deren Einfluss dürfe man nicht unterschätzen: "Menschen beurteilen andere nach ihrem Aussehen, danach, wie sie sprechen und sich bewegen und anderen Äußerlichkeiten", so der Forscher, der zuvor an der Uni Wien geforscht und das Projekt durchgeführt hat.

Clips aus dem Bundestag

Um das zu analysieren, setzte man auf einen aufwendigen Versuchsaufbau. Damit die österreichischen Teilnehmer nicht etwa durch das Erkennen von Parteizugehörigkeiten beeinflusst wurden, sahen sie 16-sekündige Clips von Reden von Politikern aus dem Deutschen Bundestag. Der ersten und zweiten Gruppe wurde entweder das Originalvideo oder nur ein Standbild mit der Rede gezeigt. Gruppe drei und vier hörte entweder nur die Tonspur oder überhaupt nur eine monotone Computerstimme, die die Rede vortrug. Die fünfte Gruppe sah animierte Strichfiguren, die die Bewegungen vollführten.

Wie extrovertiert ein Politiker wahrgenommen wird, hing überraschend stark von dessen Bewegungen abhängt. Koppensteiner: "Besonders vertikale Bewegungen, also beispielsweise das Heben und Senken der Arme, werden als dominant eingestuft. Dabei reichen wenige ausladende Hoch- und Tiefbewegungen mit den Armen, um dominant zu erscheinen." Dass der erste Eindruck so stark davon beeinflusst ist, könnte entwicklungsgeschichtlich erklärt werden, sei doch Dominanz "ein wichtiges Merkmal für die Anbahnung oder Vermeidung einer Interaktion". Die Hinweise müssen also leicht erkennbar sein.

Starkes Gestikulieren ließ die Politiker aber nicht nur dominant, sondern auch weniger freundlich und vertrauenswürdig erscheinen. Der erste Eindruck hängt der Studie zufolge zudem auch stark vom Tonfall, der Intonation und der Höhe der Stimme ab. Die Ergebnisse seien nicht nur für die Wahrnehmungsforschung, sondern auch für die Mensch-Computer-Interaktion und letztendlich für die Politikwissenschaften interessant. (APA, 12.9.2016)