Österreich steht unter internationaler Beobachtung. Internationale Medien verfolgen die "Seifenoper des Jahres" mit Interesse.

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"Kein Witz: Österreich verschiebt Präsidentenwahl wegen defekter Umschläge". Die deutschsprachige Ausgabe der Huffington Post brachte am Montag auf den Punkt, was viele angesichts der neuerlichen Probleme bei der österreichischen Präsidentschaftswahl denken. Auch die europäischen Kommentatoren reagierten mit Kopfschütteln auf "Klebegate". "Schon wieder eine Wahlblamage", konstatierte beispielsweise die deutsche Bild in ihrer Online-Ausgabe: Auf der "Ösi-Wahl" liege kein Segen.

"Wer den Schaden hat, hat den Spott", gibt auch Innenminister Wolfgang Sobotka Montagmittag zu, als ein bundesdeutscher Journalist darauf hinweist, dass die neuerlichen Unregelmäßigkeiten langsam etwas "deppert" aussehen und Österreich sich um seine internationale Reputation Sorgen machen müsse. Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen ersuchte am Montag die Kollegen internationaler Medien, "die Kirche im Dorf" zu lassen.

Tatsächlich musste sich Österreich bereits nach der Aufhebung der Wahl durch das Verfassungsgericht einiges an Spott und Häme gefallen lassen. Österreich sei nicht in der Lage, Wahlen gesetzeskonform durchzuführen. Der britische Economist verglich die Gerichtsentscheidung vom Juli mit der "Fortsetzung eines Horrorfilms", der dänische Rundfunk nannte sie "eine riesige Bankrotterklärung für die österreichische Politik". Die Schweizer Neue Züricher Zeitung sah Österreich mit dem peinlichen Makel konfrontiert, womöglich über Jahre im Prinzip irreguläre Wahlen durchgeführt zu haben.

Dürftiges Krisenmanagement

"Präzedenzloses Debakel" nennt dieselbe Zeitung die Probleme mit den Wahlkarten. NZZ-Korrespondentin Meret Baumann kann schwer nachvollziehen, "dass nach der blamablen Aufhebung insbesondere wegen der Wahlkarten nicht alle Vorkehrungen getroffen wurden, um neuerliche Probleme zu vermeiden". Und sie empört sich über die Auskunft, die sie bei einem Testanruf bei der Ministeriums-Hotline erhalten habe: Sie solle die bereits ausgefüllte Wahlkarte an den sich lösenden Seiten eigenhändig zukleben. Das sei nicht zulässig, man solle deshalb möglichst unauffällig verkleben und den Tipp für sich behalten. Das Ministerium hat inzwischen rechtliche Schritte eingeleitet.

Die Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung sieht in der österreichischen Bundespräsidentenwahl ein "Desaster ohne Ende" und kritisiert vor allem die späte und unprofessionelle Reaktion des Innenministeriums auf die nicht schließenden Wahlkarten. Die italienische La Repubblica weist auch noch auf die hohen Kosten hin, die dem Steuerzahler mit der "Seifenoper des Jahres" zugemutet werden.

Freundlicher kommentiert am Montag ARD-Korrespondent Michael Mandlik die neuerlichen Widrigkeiten. Es wäre falsch, nun mit dem Finger auf Österreich zu zeigen, denn solche Vorkommnisse könnten sich auch in anderen demokratischen Ländern ereignen. Österreich müsse aber nun auf alle Fälle eine "zu 150 Prozent sichere Wahl abliefern".

Eine humorvolle Analogie zum Zustand des österreichischen Fußballs zieht der Korrespondent der Stuttgarter Zeitung anlässlich der "Causa Kleber". Die Österreicher seien durch ihre fußballerische Bedeutungslosigkeit einigen Kummer gewohnt: "Die Misere des Landes scheint sich nun in der Politik fortzusetzen, wo das leitende Personal im Moment keine gute Figur abgibt." Auch das Satiremagazin der Welt bediente sich humoristisch: Der nächste österreichische Bundespräsident dürfe "sofort nach der Wahl" den Berliner Flughafen einweihen, so die Meldung. Der ist auch zehn Jahre nach Baubeginn noch eine Baustelle. (Manuela Honsig-Erlenburg, 13.9.2016)