Der Präsident des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hat die zentrale Bedeutung von Internet und sozialen Medien bei Anschlagsplänen von Islamisten hervorgehoben. Sie setzten darauf als "Werkzeug hybrider Kriegsführung", erklärte Maaßen am Mittwoch.

Sorge bereite den Ermittlern auch ein neuer Tätertypus, bei dem es sich nur scheinbar um Einzeltäter handle. Diese Attentäter würden "virtuell aus dem Ausland über Instant Messaging ferngesteuert".

Jihadistenszene wächst

Maaßen verwies zudem darauf, dass die "mediale Marketingstrategie" der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) nicht nur Nachfolgetäter inspiriere, die 15 Minuten Ruhm suchten. Neu seien Aufrufe in sozialen Netzwerken zu Anschlägen, "bei denen der Attentäter selbst unversehrt und unerkannt bleibt".

Mit Sorge beobachtet der Verfassungsschutz auch die steigende Zahl von Salafisten in Deutschland. "Das ungebremste Wachstum der Salafistenzahl vergrößert auch den Rekrutierungspool für Jihadisten", erklärte Maaßen. Seine Behörde geht nach eigenen Angaben derzeit von 9200 Salafisten in Deutschland aus. Ende Juni waren es demnach noch 8900.

Gesteuerte "Lone Actors"

Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht vor allem zwei mögliche Anschlagsszenarien. "Komplexe Anschlagsvorhaben werden durch gut ausgerüstete, in mehreren mobilen Zellen agierende Attentäter durchgeführt", erklärte die Behörde. Verschiedene Tätergruppen wie Schläferzellen, Rückkehrer und als Flüchtlinge eingeschleuste Dschihadisten agierten dabei zusammen.

In Europa treten laut dem Verfassungsschutz aber auch verstärkt Einzeltäter auf, "die Anschläge mit einfachen Tatmitteln verüben". Von den 15 Anschlägen der vergangenen beiden Jahre wurden demnach zwölf von "lone actors" verübt. Es sei zudem seit einiger Zeit zu beobachten, dass bei Einzeltätern durchaus auch eine "Beratung" oder Steuerung durch den IS stattfinden könne.

Festnahmen

Sorge vor möglichen Anschlägen in Deutschland hatte die Festnahme von drei mutmaßlichen IS-Mitgliedern am Dienstag ausgelöst. Die Syrer wurden in Flüchtlingsunterkünften in Schleswig-Holstein gefasst. Sie sollen Bezüge zu den Attentätern von Paris im November 2015 gehabt haben.

Die drei Männer werden verdächtigt, im Auftrag des IS im November 2015 nach Deutschland gekommen zu sein. Laut Bundesanwaltschaft sollten sie entweder einen bereits erhaltenen Auftrag ausführen oder sich für weitere Instruktionen bereithalten.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) habe die U-Haft eines 26-Jährigen und eines 18-Jährigen nach der Anhörung in Karlsruhe angeordnet, teilte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch mit. Beide Männer äußerten sich nicht zu den Vorwürfen. Ein 17-Jähriger wird noch angehört. Bei ihm muss der BGH-Ermittlungsrichter noch im Laufe des Tages entscheiden, ob der Haftbefehl aufrechterhalten bleibt. (APA, 14.09.2016)