Neue Wohnungen im alten Bestand: der Kasperhof in Patsch bei Innsbruck.

Bild: architektur:lokal

Beinahe wäre der Kasperhof in Patsch an einen Bauträger verkauft, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt worden. Der Bauernhof im Zentrum der kleinen Speckgürtelgemeinde am Fuß des Patscherkofels, nur wenige Kilometer von Innsbruck entfernt, stand 20 Jahre leer, bevor der Entschluss zur Renovierung fiel. Bald werden in den Mauern aus dem frühen 17. Jahrhundert in drei großzügigen, bis zu 180 Quadratmeter großen Wohnungen wieder Familien und ein Büro einziehen.

"In den Köpfen der Menschen herrscht noch immer die Meinung vor, dass ein Neubau billiger und besser ist – dass das Alte nichts wert ist", sagt die Architektin Gertrud Tauber. "Dabei sind diese alten Leerstände eine gigantische Ressource in kultureller, sozialer, aber auch in materieller und architektonischer Hinsicht. In ihnen kann ökologisch und günstig neuer Wohnraum geschaffen werden."

Tauber hat mit Kollegen die Genossenschaft "architektur:lokal" gegründet. Angesichts der "explodierenden Preise im Raum Innsbruck" möchten sie alternative, von den regionalen Traditionen inspirierte Bau- und Nutzungskonzepte abseits der Gewinnmaximierung durch die Baugesellschaften bieten. "Das hohe Interesse internationaler Immobilieninvestoren am Raum Innsbruck erzeugt einen Druck, dem die Gemeinden standhalten müssen. Viel zu oft wird verkauft statt saniert."

Holzbau in der Tenne

Der Ortsbildschutz bewahrte den Kasperhof vor diesem Schicksal. Die Pläne für das Anwesen, das wie viele Höfe in der Region über eine immense Kubatur – eine Nutzfläche von mehr als 600 Quadratmeter – aufweist, sehen etwa vor, dass Fassade, Kastenfenster und 100 Jahre alte Fußböden erhalten bleiben. Altholz wird, wo es geht, weiterverwendet. In die Tenne wird ein neuer Holzbau eingefügt. Die Wohnungsgrößen ergeben sich aus den Eigenheiten des Bestands.

Den rechtlichen Rahmen für die Sanierung gibt ein Bauherrenmodell, erklärt Tauber: "Wir haben das Projekt entwickelt und den Interessenten präsentiert, mit denen wir das gemeinsam umsetzen werden."

Der Aufwand sinkt dabei schon durch geringere Kaufnebenkosten. "Das Modell ermöglicht, dass trotz der Größe die Kosten im Vergleich niedrig bleiben", so Tauber. "Für 100 Quadratmeter im Raum Innsbruck zahlt man bald einmal 600.000 Euro ohne Nebenkosten. Unsere größte Wohnung im Kasperhof mit 180 Quadratmetern liegt bei ca. 450.000 Euro brutto."

Unschlüssige Eigentümer

Wie kommt es aber zu den vielen Leerständen in den Dörfern? Tauber: "Dabei geht es nicht einmal um Spekulation. Viele Eigentümer sind unschlüssig oder uneinig, oder es fehlt an Perspektiven. Oft fehlt aber auch einfach das Geld, die Höfe selbst zu renovieren."

Für die Architektin wäre eine gezieltere Förderung der Revitalisierung von Leerständen wünschenswert. Internationale Vorbilder gibt es: "In den Niederlanden hat sich beispielsweise eine Gemeinde dazu entschlossen, leerstehende Objekte selbst aufzukaufen und günstig weiterzuvermitteln – mit der Auflage, dass sie saniert werden." (pum, 19.9.2016)