Matteo Renzi beim EU-Gipfel in Bratislava. Das touristische Programm war ihm zu umfangreich und die Suche nach gemeinsamen Lösungen für die umfangreichen Probleme der EU zu lasch.

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Rom/Bratislava – Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi hat die Ergebnisse des EU-Gipfels in Bratislava als unzureichend bezeichnet und Europas Sparpolitik kritisiert. "Man muss einsehen, dass die europäische Austerität vollkommen gescheitert ist, während die Investitionspolitik der USA der Obama-Administration einen Rekord von Arbeitsplätzen beschert hat", so Renzi im Interview mit "Corriere della Sera".

Meinungsverschiedenheiten

Am Freitagabend hatte Renzi sich geweigert, zusammen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und mit Frankreichs Präsidenten François Hollande vor die Presse zu treten, weil er die Beschlüsse des Gipfels nicht so bewertete wie sie. "Wenn wir die Nachmittage damit verbringen wollen, Dokumente ohne Seele und ohne Horizont zu schreiben, können sie das auch allein tun. An Pressekonferenzen teilzunehmen, bei denen man nichts sagt, ist nicht der Traum meines Lebens. So zu tun, als wäre man derselben Meinung, wenn man es nicht ist, ist nicht seriös", betonte der italienische Premier.

Renzi berichtete über Meinungsverschiedenheiten beim Gipfel. "Wenn wir so weitermachen, werden wir bald vom Phantom Europas sprechen und nicht vom Geist Bratislavas. In Bratislava haben wir zusammen eine schöne Kreuzfahrt auf der Donau gemacht. Ich hatte jedoch gehofft, Antworten auf die Krise nach dem Brexit zu finden und nicht nur eine Bootsfahrt zu machen", erklärte der italienische Ministerpräsident.

Migration: "Viel geredet, wenig getan"

Renzi kritisierte, dass Italien von der EU im Umgang mit der Flüchtlingskrise im Stich gelassen worden sei. "In puncto Migration hat Europa viel geredet und wenig getan. Wir Italiener haben Hotspots eingerichtet, die Migranten gerettet und den Kampf gegen Menschenhandel verschärft. Die EU hat ein paar Schiffe im Mittelmeer eingesetzt, die Migranten auf Sizilien bringen. Das löst aber nicht die Probleme", sagte Renzi in dem Interview.

Seiner Ansicht nach müssen Abkommen mit nordafrikanischen Ländern zur Bekämpfung der illegalen Migration abgeschlossen werden. Die Rückführung ohne Recht auf Verbleib in Europa müsse beschleunigt werden. "Italien kann, wenn notwendig, allein weitermachen, wir wissen, wie wir vorgehen sollen. Doch Europa muss sein Scheitern zugeben und klar sagen, dass Egoismus stärker als Politik ist", so Renzi. (APA, 19.9.2016)