Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland traf am Mittwoch ihren österreichischen Amtskollegen Reinhold Mitterlehner. Gemeinsam soll die SPÖ bei Ceta auf Linie gebracht werden.

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Wien – Die Linie der SPÖ zu Ceta sorgt nicht nur beim Koalitionspartner ÖVP für Verwunderung. Auch auf dem internationalen Parkett weiß man nicht allzu viel mit der kritischen Haltung der Sozialdemokraten anzufangen. Das zeigte sich auch bei einem Besuch der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland in Wien.

Eine Reuters-Journalistin warf bei einem Pressegespräch in den Raum, dass es für Ausländer derzeit nicht so einfach sei, die Linie der heimischen Regierung zu durchschauen. Freeland lachte und zuckte mit den Schultern, was sich als "Wem erzählen Sie das?" interpretieren lässt. Derzeit versuchen Kanada und die Brüsseler EU-Kommission alles, um die Kritiker noch an Bord zu holen.

Ceta ist nicht TTIP

Freeland hatte am Mittwoch nach Gesprächen mit Mittlerlehner und SPÖ-Abgeordneten aber vorerst nicht mehr als ein paar nette Worte anzubieten. Sie richte sich mit ihrer Ansprache direkt an die österreichische Bevölkerung, sagte sie. Sie bitte darum, Kanada nicht in einen Topf mit anderen Ländern zu werfen (gemeint sind die USA mit TTIP).

"Kanada ist seit bald 150 Jahren ein unabhängiger Staat." Man habe eine Regierung links der Mitte, mit Justin Trudeau einen äußerst progressiven Premierminister. Das staatliche Gesundheitssystem und öffentliche Dienstleistungen seien Kanada ein großes Anliegen. "Wir verteidigen sie in Handelsverträgen."

Das kann man als Wink an den österreichischen Kanzler verstehen, der ja öffentliche Leistungen durch Ceta in Gefahr sieht. Befeuert werden die Kritiker durch eine Studie der US-Universität Tufts, wonach Ceta nicht Jobs schaffe, sondern vernichte. Ähnliche frühere Studien der Uni wurden von Ökonomen aber scharf kritisiert.

Ceta ohne Schiedsgerichte

Für Kern und andere Kritiker soll es bei Ceta aber jedenfalls eine rechtlich bindende Zusatzerklärung geben. Sie soll bescheinigen, dass das Abkommen weder Umwelt- und Sozialstandards noch die Gesetzgebungshoheit der Parlamente in Gefahr bringe.

Die SPÖ will mit der Erklärung aber mehr bewirken. Sie soll einzelnen Ländern die Möglichkeit geben, die Schiedsgerichte national abzulehnen. In Brüssel, wo der Ärger auf Wien immer deutlicher zu spüren ist, hält man das zumindest theoretisch für vorstellbar. Der Kanzler hat sich durch die SPÖ-interne Befragung festgelegt, Ceta in Österreich nicht mit Schiedsgerichten in Kraft zu setzen.

Abkommen ist verhandelt

Freeland stellte auf Nachfrage des STANDARD aber fest: "Ceta ist ausverhandelt. Was die Erklärung tun kann, ist einzelne Punkte zu verdeutlichen, die bereits im Abkommen stehen." Auch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sagte, es gehe beim Papier darum, "zu erklären und zu interpretieren".

Prinzipiell möglich wäre so eine Sondervereinbarung aber, heißt es bei Juristen. "Im Zusatzprotokoll kann man nationale Ausnahmen vorsehen", sagt Wolfgang Benedek, Leiter des Instituts für Völkerrecht an der Uni Graz zum STANDARD. Nur durch eine Ablehnung eines Parlaments könne man aber nicht einzelne Teile "nicht annehmen."

Es besteht also noch Gesprächsbedarf. Am Donnerstag treffen sich die EU-Handelsminister in Bratislava. Freeland nimmt teil. (Andreas Sator, 22.9.2016)