Wien – Abonnementkonzerte der Wiener Philharmoniker, das bedeutet ja oft: Konzertbesucher, die seit 50 Jahren hierherkommen, erfreuen sich an Dirigenten und Solisten, die hier schon seit 50 Jahren auftreten und Werke interpretieren, die an dieser Stelle schon seit 100 Jahren oder länger gespielt werden. Johannes Brahms' erstes Klavierkonzert etwa wurde in dieser Konzertreihe erstmals im Jänner 1871 gespielt, und zwar von den Philharmonikern sowie vom Komponisten selbst. 145 Jahre später übernahm Routinier Rudolf Buchbinder unter der Leitung von Zubin Mehta den Solopart dieses monumentalen Werks.

Buchbinder das d-Moll-Konzert von Brahms spielen zu hören ist, wie die Staatsopern-Tosca von Margarethe Wallmann anzuschauen: Man kennt jedes Eck. Man freut sich, wenn der Wiener beim lyrischen Thema des Kopfsatzes nach dem ersten Viertakter links auf elegante Weise Schub gibt und wenn er im folgenden dolce-Abschnitt die Bassnoten der Wellenbewegung der linken Hand sacht akzentuiert. Buchbinders Interpretation war eine, die mehr auf Abgeklärtheit aus war denn auf grelles, aggressives Drama. Der Beginn des langsamen Satzes war ein berührendes Beispiel dafür: Der 69-Jährige musizierte mit Schlichtheit und Wärme, die Philharmoniker fesselten mit geflüsterten Zwischenspielen.

Die schillernden Wasserspiele von Debussys La Mer wurden nach der Pause in blitzsauberer Weise, in artifizieller Artigkeit zum Leben erweckt; man hatte den Eindruck, dass die Philharmoniker mit dem nassen Element etwas fremdelten. Bei Ravels La Valse wurde alles Wienerische dezent umspielt, im Finale wurde mit elefantöser Eleganz Walzer getanzt – so was hat Zubin Mehta beim Neujahrskonzert schon gewinnender hinbekommen. Begeisterung. (end, 25.9.2016)