Cuba einst und jetzt: Lee Lockwood begleitete während der Revolutionsjahre Fidel Castro, Bernhard Hartmann dokumentierte, was vom Kolonialismus Havannas blieb.

Foto: Aufschlagseiten aus Hartmanns "Havana" und Lockwoods "Castros Cuba", fotografiert von Lukas Friesenbichler

Columbus benannte die 1492 entdeckte Insel "Juana", nach dem Sohn des spanischen Königs, Don Juan. Er schrieb, dass die Indigenen den Ort "Cubao", "Cuban" oder "Cibao" nannten. In der Sprache der Kariben und Taíno bedeutet "cubanacán" großer Platz bzw. Land in der Mitte. Ende 1958 reiste der Fotograf Lee Lockwood nach Kuba, um über das bevorstehende Ende des Batista-Regimes zu berichten. Tage nach Fidel Castros Machtübernahme traf er den Máximo Líder. Dieser fasste Vertrauen zu ihm und gewährte ihm Zugang zu seinem inneren Kreis und völlige Bewegungsfreiheit. Seltenheitswert. Lockwood (1932- 2010), Chronist der Friedens- und US-Bürgerrechtsbewegung, dokumentierte über ein Jahrzehnt Castros Cuba, die Metamorphosen vom Kapitalismus zum Kommunismus, die Begeisterung, später auch Armut und zunehmende Isolation.

Was vom Charme des alten (vorrevolutionären) ehemals imperialen Havanna heute noch übrig geblieben ist, zeigt hingegen Bernhard Hartmann. Sein Fotoessay Havana führt zum wunderbaren Charme désolé eines Landes, dessen Blüte und kolonialistischer Glanz längst verblasst ist. Straßenkreuzer aus den 1950er-Jahren, karibische Töne und Farbnuancen treten in Wettstreit mit pittoresken Architekturen und Landschaften. Der 1955 in Frankfurt geborene Autodidakt präsentiert verwunschene Orte, bröckelnden Verputz, rissige Fassaden, aristokratische Herrenhäuser, zerschlissene Tapeten in Kombination mit sozialistischer Propaganda, Musiker und Boxer, Kruzifixe und Insignien der Revolution. Zwischen Verzweiflung und neuer Hoffnung. (Gregor Auenhammer, 3.10.2016)