Erleichterungen bei Vergaben erweisen sich aus Sicht des Steuerzahlers als ziemlicher Umweg.

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Wien – Als Segnung für Österreichs Betriebe wurde kürzlich die Verlängerung der Schwellenwertverordnung bis Ende 2018 bekanntgegeben. Die Ausschreibungspflicht gilt für öffentliche Stellen damit erst ab einer Auftragshöhe von 100.000 anstatt 50.000 Euro. Doch was von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner als Maßnahme zur Beschleunigung der Verfahren und Stärkung der regionalen Wirtschaft gepriesen wird, könnte ziemlich nachteilige Nebenwirkungen haben.

Preise und Korruptionsanfälligkeit tendierten nämlich bei Direktvergaben oder beschränkten Ausschreibungen nach oben, befürchtet die grüne Rechnungshofsprecherin Gabriela Moser. Dabei gehe es um 80 Prozent des gesamten Auftragsvolumens von 40 bis 60 Milliarden Euro. Moser findet es unverständlich, dass die Verlängerung der höheren Schwellenwerte ohne Evaluierung durchgeführt wurde, und beruft sich in ihrer Kritik auf eine Untersuchung des Deutschen Bundesrechnungshofs.

Die grüne Rechnungshofsprecherin Gabriela Moser kritisiert die Verlängerung der Schwellenwertverordnung.
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16.000 Fälle evaluiert

Der hat bereits im Jahr 2012 die Praxis im Nachbarland, das wie Österreich im Krisenjahr 2009 die EU-Vergaberegeln lockerte, anhand von 16.000 Fällen evaluiert. Im Unterschied zu Wien ließ Berlin die Maßnahme Ende 2010 auslaufen. Zu Recht, befand der Bundesrechnungshof.

Konkret konnte die Kontrollinstanz keine beschleunigte Vergabe in den Verfahren feststellen. Das wäre auch kaum möglich, habe das Prozedere doch im Vergleich zu Vorbereitung und Planung von Bauten einen "geringen Zeitanteil". Auch für eine Reduktion des Verwaltungsaufwands durch Vergaben ohne öffentliche Ausschreibung fand der Bundesrechnungshof keine Hinweise. Dafür werde der Wettbewerb deutlich eingeschränkt, konstatieren die Prüfer.

Mehr Direktvergaben

Die Zahl der Angebote ging – je nach Bereich – um bis zu 15 Prozent zurück. Ein Beispiel aus dem Hochbau verdeutlicht die Unterschiede: Bei öffentlichen Ausschreibungen wurden mehr als doppelt so viele Angebot eingereicht als bei beschränkten Ausschreibungen und fast dreimal so viele Offerte wie bei freihändigen Vergaben, heißt es in dem Bericht.

Auch der Steuerzahler hat demnach Nachteile: Die Preise liegen laut Bundesrechnungshof bei Aufträgen mit Vergabeerleichterungen um 13 Prozent über jenen öffentlicher Ausschreibungen. Dazu kommt, dass Mauscheleien durch mangelnde Transparenz bei öffentlichen Aufträgen zunehmen könnten. "Insbesondere die Beschränkung des Wettbewerbs und die Auswahl der aufzufordernden Unternehmen stellen Korruptions- und Manipulationsrisiken dar, die bei der öffentlichen Ausschreibung nicht bestehen", konstatieren die staatlichen Prüfer.

Vorteil für regionale Anbieter

Dass die Bedenken nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten, zeigt das Beispiel Hochbau, in dem bei 97 Prozent der Vergaben die Auftragsvolumina unterhalb des erhöhten Schwellenwertes lagen. Dazu kommt, dass das Vieraugenprinzip nicht gewahrt wurde. Es sieht bei Vergaben vor, dass die Liste mit zur Angebotslegung eingeladenen Unternehmen von einem zweiten Beamten geändert werden muss. Das geschah nur in 28 Prozent der untersuchten Fälle.

Keinen Einwand bringt der Bericht gegen das Argument, Direktvergaben förderten die Wirtschaft im direkten Umfeld. Laut Rechnungshof sank die Entfernung der beauftragten Unternehmen seit Inkrafttreten der Lockerungen um 27 Prozent. (as, 3.10.2016)