Junge Flüchtlinge weiter ausbilden, wie etwa hier bei Prosa (Projekt offene Schule für alle)? Für einige geht das nicht schnell genug – sie empfehlen Billigjobs.

Foto: Heribert Corn

Noch weniger überraschend ist dabei: Die vorläufige Version der Studie ging nicht nur an das Beratergremium, sondern gleich auch an die Presse, die das Rechenbeispiel gerne aufgriff und auf das Fazit zuspitzte: "Lieber schnell Billigjobs schaffen, als viel Geld in Ausbildung zu stecken, die erst langfristig Wirkung zeigt."

Im Grunde ist es ja egal, welche Fachleute welcher Fachgremien welche Fachmeinung zum Besten geben – in der Flüchtlings- und Asyldebatte geht es nicht um Fakten, sondern um immer schrillere Töne und immer drastischere Schwarzmalerei. Was heute ausgemacht wurde, weil es vernünftig erschien, ist morgen wieder hinfällig, weil irgendein (ÖVP-)Politiker über Nacht doch noch glaubt, Populismuspunkte auf dem Rücken dieser Menschen sammeln zu müssen. Zuletzt besonders engagiert: Innenminister Wolfgang Sobotka, der jenen, denen er und seine Parteifreunde am liebsten die Mindestsicherung streichen würden, nicht auch noch die Traumfantasie-Summe von fünf Euro pro Stunde an Zuverdienst vergönnen möchte. Fünf Euro pro Stunde! Wo kämen wir denn da hin?

Kein Plan B

Es wird viel geheuchelt in dieser Debatte, vor allem von jenen, die immer lautstark nach Integration brüllen – und dann alles tun, um genau jene zu verhindern. Da reiht sich die Studie im Auftrag des Fiskalrats nahtlos ein. Es kann ja wohl niemand ernsthaft befürworten, dass eine ganze Generation von Billiglohnarbeitern herangezogen wird, nur um das Budget nicht weiter zu belasten. Das widerspricht in sich schon grundlegend dem, was jeder Handelsakademie-Absolvent im zweiten Jahr in Betriebswirtschaftslehre lernt: lieber langfristig nachhaltige Effekte erzielen statt kurzfristig Geld machen – wenn man keinen überzeugenden Plan B hat.

Und den gibt es eben nicht. In einem Land, dessen größter (Boden-)Schatz das Know-how seiner Bevölkerung war und ist, gibt es keine Alternative zu Integration, Ausbildung, Qualifizierung. Oder will man auf dem Feld der Bildungsdebatte endgültig die Waffen strecken? Schließlich könnte man das Argument der so notwendigen Budgetentlastung auch weiterspinnen: Gut wäre, wenn überhaupt niemand mehr Matura machte, geschweige denn studierte – man ersparte sich die Familienbeihilfe, diverse Absetzbeträge und Beihilfen und hätte auf Anhieb eine Armada 15-jähriger Steuerzahler. Aus Budgetsicht ein Traum, kurzfristig gesehen.

Apfel und Ei

Ganz abgesehen davon wäre die Konkurrenzsituation im untersten Einkommenssegment dann halt leider noch gnadenloser: Die nicht ausgebildeten Flüchtlinge verdrängen die schlecht ausgebildeten Migranten, um selbst wiederum von noch "billigeren" Leiharbeitern aus ost- und südosteuropäischen EU-Ländern ersetzt zu werden.

Am Ende arbeiten alle für einen Apfel und ein Ei – und sind auf Unterstützung aus Sozialtöpfen angewiesen, die dann wiederum das Budget belasten. Sofern es solche Töpfe dann überhaupt noch gibt. (Petra Stuiber, 4.10.2016)