So könnte Drepanosaurus seinerzeit gelebt haben.

Illustration: Victor Leshyk

Stony Brook – Ameisenbären, Schuppentiere und Erdferkel sind im Stammbaum der modernen Säugetiere jeweils sehr weit voneinander entfernt. Trotzdem zeigen sie einige starke körperliche Ähnlichkeiten: So verfügen alle drei Arten über große Krallen, mit denen sie die Bauten von Ameisen und Termiten – ihre Hauptnahrung – aufgraben können. Konvergente Evolution sorgt dafür, dass ein vergleichbarer Stil die Entwicklung ähnlicher Körpermerkmale begünstigt.

Der Drepanosarus

Ein mögliches Pendant aus einer ganz anderen Tiergruppe, das bereits vor über 200 Millionen Jahren lebte, stellten nun US-Forscher im Fachmagazin "Current Biology" genauer vor. Die 1979 erstbeschriebene Spezies Drepanosaurus gehört zu den Protorosauria, einer Tiergruppe, die nahe an der Wurzel des gemeinsamen Stammbaums von Krokodilen, Flugsauriern, Dinosauriern und Vögeln lebte.

Drepanosaurus lebte vor 212 Millionen Jahren auf der Nordhalbkugel – Fossilienfunde gibt es aus Nordamerika und Europa – und war ein Baumbewohner. Auf den ersten Blick hätte er einem Chamäleon von einem halben Meter Länge geähnelt und vermutlich hat er sich auch wie ein Chamäleon von Insekten ernährt. Seine Jagdstrategie dürfe aber etwas anders gewesen sein, berichtet das Forscherteam um Adam Pritchard von der Stony Brook University.

Kralleneinsatz

Denn Drepanosaurus hatte ungewöhnlich geformte Vordergliedmaßen, die noch dazu mit je einer mächtigen gebogenen Kralle am "Zeigefinger" versehen waren. Pritchards Team konnte die Form der Gliedmaßen rekonstruieren, indem es Dutzende Knochen aus einer Fundstätte in New Mexico heranzog. Zum Großteil waren die Drepanosaurus-Gliedmaßen im Zuge der Fossilierung zerquetscht und verformt worden. In mühevoller Kleinarbeit gelang es den US-Forschern aber, die wahrscheinlichste Originalform zu rekonstruieren.

Die größte äußere Ähnlichkeit sehen sie nicht bei den nächsten bekannten Verwandten des Drepanosaurus, sondern bei einem heute lebenden Tier: eben dem Ameisenbär. Genauer gesagt dem Zwergameisenbär, der anders als sein bekannterer Vetter, der bodenbewohnende Große Ameisenbär, auf Bäumen lebt. Er reißt mit den Krallen die Borke ab, unter der Ameisen und Termiten ihre Nester anlegen, um an seine Beute zu gelangen. Drepanosaurus dürfte es an die 200 Millionen Jahre früher genauso gemacht haben. (red, 15. 10. 2016)