Bundeskanzler Christian Kern reist am Mittwoch zu einem kurzfristig anberaumten Treffen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Straßburg. Gegenstand des Gesprächs sollten das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) und die vom SPÖ-Chef dazu vorgebrachten Bedenken sein.

"Der Kanzler hat um einen Termin gebeten. Der Präsident ist selbstverständlich bereit zuzuhören", wurde dem STANDARD am Dienstag bestätigt. Das Gespräch findet in Straßburg und nicht in Brüssel statt, weil die Kommission während der Plenarwoche des Europäischen Parlaments in der französischen Europastadt tagt.

Unklarheiten beseitigen

In EU-Kreisen geht man davon aus, dass bei diesem Gespräch auf höchster politischer Ebene alle Unklarheiten beseitigt und die Zustimmung Österreichs zu Ceta vereinbart werden kann. Auf beiden Seiten sind dafür alle Vorarbeiten erledigt. Experten des Bundeskanzlers wie auch solche aus dem Kabinett Junckers haben sich bereits am vergangenen Freitag getroffen, um die inhaltlich heiklen Punkte aufzuarbeiten.

Kern hatte sich ebenfalls vor dem Wochenende schon positiv geäußert, wonach es "in die richtige Richtung gehe". Der Kanzler will nach STANDARD-Informationen insbesondere zwei Themen eindeutig geklärt haben.

Umstrittene Schiedsgerichte

Zum einen müsse klar sein, dass die umstrittenen Schiedsgerichte auch in einer reformierten Form, wie sie im Vertrag vorgesehen sind, nicht in Kraft treten, solange der Freihandelspakt nicht in den nationalen Parlamenten ratifiziert wird. Aus Kommissionssicht stellt es kein Problem dar, das in Zusatzerklärungen zu vereinbaren. Juncker hat dieses Vorgehen bereits bei der Plenarsitzung im Juli in den Raum gestellt, als er vorschlug, den Handelsteil von Ceta als einfaches Abkommen vorläufig ab Jänner in Kraft zu setzen, heikle Bereiche aber als gemischtes Abkommen mit nationaler Zustimmung.

Auszuschließen ist aus Kommissionssicht freilich jede Neuverhandlung von Ceta, wie Handelskommissarin Cecilia Malmström beim Ministertreffen in Bratislava vor zwei Wochen sagte.

Keine Probleme dürfte es auch beim zweiten für Kern wichtigen Bereich, der öffentlichen Daseinsvorsorge, geben. "Alle Punkte sind besprochen. Jetzt geht es darum, dass der Pakt politisch festgezurrt wird", hieß es am Dienstag in Straßburg. Möglich, dass Kern und Juncker dieses Ergebnis auch gleich bekanntgeben. (Thomas Mayer aus Straßburg, 4.10.2016)