Bridgette Webb arbeitet an einer neuen Methode zur Untersuchung von Leichnamen.

Foto: Martin Wiesner

Graz – Bei der Diagnose von Gefäßerkrankungen kommt Magnetresonanzangiografie (MRA) zum Einsatz. Bei diesem bildgebenden Verfahren wird mithilfe des durchströmenden Bluts und gegebenenfalls eines Kontrastmittels ein 3-D-Abbild eines Gefäßes erstellt. Erweiterungen (Aneurysmen), Verstopfungen (Thrombosen) und andere Fehlbildungen können genau erkannt werden.

Auch Bridgette Webb beschäftigt sich mit diesem diagnostischen Verfahren. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Die "Patienten", für die sie die Technologie optimiert, sind tot. Die Forensikerin am Ludwig-Boltzmann-Institut für Klinisch-Forensische Bildgebung in Graz will mit der postmortalen MRA ein neues Werkzeug etablieren, das Pathologen bei Obduktionen unterstützt.

Wie kann man also Gefäße abbilden, durch die kein Blut mehr fließt? "Die toten Gefäße werden mit einer speziellen ölhaltigen Flüssigkeit gefüllt" , erklärt Webb. "Eine modifizierte Herz-Lungen-Maschine pumpt sie in Venen und Arterien des Leichnams." An der Schweizer Université de Lausanne, wo die 1988 geborene Australierin Forensische Wissenschaften studiert hat, wird dieses Verfahren bereits für postmortale Untersuchungen angewandt. In Graz arbeitet die Forscherin daran, es für die Magnetresonanzangiografie und für Obduktionen auch außerhalb forensischer Tatbestände zu etablieren.

Die Herausforderung: Die Aufnahme mittels Magnetresonanztomografie (MRT), bei der Magnetfelder bestimmte Atomkerne im Körper zu einer messbaren Bewegung anregen, muss mit den richtigen Parametern erfolgen. Es gilt dabei den Umständen eines mit Öl gefüllten und gegebenenfalls schon erkalteten Leichnams gerecht zu werden. "Ein Beispiel ist die Dauer, die zwischen der Anregung der Atomkerne und der Aufnahme liegt. Sie ist einer von vielen Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen", so Webb. "In einem lebenden Körper, in dem Blut fließt und sich alles bewegt, ist das eine ganz andere Situation." Ist das System, an dem Webb im Rahmen ihrer Doktorarbeit arbeitet, einmal ausgereift, könnte es etwa bei Obduktionsfällen helfen, bei denen ein Verdacht auf Herzinfarkt besteht. In der Forensik sind MRT-Bildgebungsverfahren bereits in vielen Ländern gang und gäbe, erklärt die Forscherin. Bei natürlichen Todesursachen stehe man aber erst am Anfang.

Webb hat in Brisbane Chemie studiert, bevor sie für die Forensik in die Schweiz ging. "Ich wollte nicht in einem Labor arbeiten und habe eine interessante Anwendung für meine Ausbildung gesucht", blickt sie zurück. Ein Praktikum hat sie dann nach Graz geführt, wo sie geblieben ist – mittlerweile schon vier Jahre.

Im vergangenen Studienjahr leitete die Australierin gemeinsam mit ihrer Kollegin Katharina Baron eine in Österreich bisher einzigartige Lehrveranstaltung zur "Einführung in die forensischen Wissenschaften", die an die 200 Studierende absolvierten. "Es kamen Leute aus ganz unterschiedlichen Fächern, Psychologen, Rechtswissenschafter, Mediziner und andere Naturwissenschafter – das hat großen Spaß gemacht." Aber ist es nicht auch bedrückend, sich ständig mit dem Tod zu beschäftigen? Webb: "Ich bin eher auf der technischen Seite. Ich muss nicht im Obduktionssaal stehen und habe genug Distanz in dieser Sache." (pum, 5.10.2016)