Dieses in den 1920ern in Wien gefertigte Ensemble übersiedelte 1938 nach New York und kehrte jetzt zurück nach Wien.

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Wien – Glück ist ein Familienname, der seinen Trägern viel versprechen mag, nur um es in der Realität des Lebens und angesichts begleitender historischer Zäsuren nicht halten zu können. Laut Genealogen sei dieser Name in Österreich weit verbreitet, in Wien bereits vor 1600 und über alle Konfessionen hinweg nachweisbar. Das Wohnzimmer der Familie Glück titelt eine aktuelle Präsentation im Jüdischen Museum Wien, die anhand eines Möbelensembles mehr als nur eine Familiengeschichte erzählt. Denn in seiner Typologie repräsentiert dieses Einzelschicksal Flucht und Migration im 20. Jahrhundert.

Hersch und seine Ehefrau Judith Glück gehörten zu jenen jüdischen Migranten aus Galizien, die sich kurz nach der Jahrhundertwende verstärkt in Wien ansiedelten. Die Hoffnung auf ein besseres Leben sollte sich für den Kappenmachermeister und Kürschner bald erfüllen. Die über die Jahre wechselnden Wohn- und Geschäftsadressen dokumentieren den wirtschaftlichen Aufstieg. 1916 war die Familie samt Werkstatt schließlich in den barocken Schwindhof am Fleischmarkt übersiedelt. Dort blieb die Familie bis zum Anschluss 1938, dann wurde der Familienbetrieb enteignet.

Hersch wurde im November 1941 nach Kaunas (heute Litauen) deportiert und dort ermordet. Die Söhne Erwin und Walter flüchteten mit ihren Familien vorerst nach Frankreich. Erwins Ehefrau wurde in Nizza verhaftet, nach Auschwitz deportiert und ermordet. Den anderen gelang die Flucht in die USA, wo sich die Brüder in New York niederließen und eine Kürschnerei betrieben.

Zufällige Zeugen

Das Wohnzimmer Erwins zierte über die Jahre eine Möbelgarnitur, die er aus Wien retten konnte und die sein Sohn Henry nun geschenkweise dem Jüdischen Museum überließ. Wer das aus einer Eckbank mit integriertem Bücherregal, einem Tisch, zwei Hockern sowie einem Barschrank und Buffet bestehende Ensemble in den 1920er-Jahren fertigte, ist unbekannt. Die Diagnose des Möbelexperten Christian Witt-Döring: keine Massenware, wie die raffinierte Wahl des Furniers belege, wobei sich bei diesen "zufällig erhaltenen Zeugen einer ehemaligen Welt" eine gewisse Spießigkeit nicht leugnen ließe. Kunsthistorisch sind diese Wohnzimmermöbel ohne Belang. Ihr Wert definiert sich daran, über Generationen Teil des Alltags der Familie Glück gewesen zu sein. (Olga Kronsteiner, 4.10.2016)